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Almförderungen: Behördenversagen und Betrugsverdacht

Der Verdacht des Förderungsbetruges ist auszusprechen. Es wurden mit unrichtigen Angaben EU-Förderungen erschlichen. Wer wie zu den unrichtigen Angaben beigetragen hat, müßte bei einer österreichweiten Gesamtschadenssumme von 64 Mio. € eigentlich schon längst von einer Staatsanwaltschaft hinterfragt werden. Behördenversagen ist zweifelsohne gegeben. Ob "nur" Unfähigkeit oder Amtsmißbrauch vorliegt, müsste die Korruptionsstaatsanwaltschaft untersuchen.


Derzeit wird aus allen medialen Rohren geschossen, um diese überregionale vermutliche Betrugsaffaire schön zu reden und zu schreiben.
>>TT 22 04 2013 Almbauern: Stimmung gereizt>>

In Erinnerung gerufen wurde dieser Tage auch das EuGH-Urteil vom 4. September 2009. Die Republik Österreich hatte in dieser Frage die Europäische Kommission geklagt und wurde vollinhaltlich abgewiesen. Die Fehler und Regelverstösse Österreichs wurden klar aufgezeigt und die Folgen dargelegt.
>>EuGH Urteil 04 09 2009>>

Erschütternd, ernüchternd und entlarvend ist die Gegenüberstellung von Zeitungs-Aussagen und Urteil.
So heißt es in der TT:

Der Groll von Tirols Almbauern ist groß: Zwei erzählen, warum sie sich vom System betrogen fühlen. Klagen und Almschließungen drohen. 
Dass wir Bauern rückwirkend bezahlen sollen, wo wir alle Richtlinien eingehalten haben, geht keinem in den Kopf“, sagt Klaus Scharmer. Er ist Almmeister und als Obmann für 12 Auftreiber zuständig, die allein im Vorjahr 250 Stück Vieh auf die Feldern- alm im Gaistal brachten. „Schauen’s, das ist der Almprüfbericht aus dem Jahre 2004 – alles von der AMA abgenommen, einen ganzen Tag, von 8 bis 17 Uhr, war ein Prüfer auf der Alm.“ Scharmer deutet auf die Unterschrift. Damals wurden 293,37 Hektar Futterfläche von der AMA bestätigt, die im Jahr 2007 bzw. 2010 auf 260, dann auf 220 Hektar korrigiert wurden – aufgrund besserer Luftaufnahmen. In Wien auf dem Bildschirm sind nun die Futterflächen auf 139 Hektar geschrumpft. Wie viele andere Bauern ist er sauer, dass es so aussehe, als ob diese betrogen hätten: „Wir können nichts dafür.“ Wenn es zu keinem Kompromiss komme, werde es eine Lawine an Sammelklagen geben, außerdem würden es dann viele, vor allem kleine Bauern, lassen, ist Scharmer sicher.

Scharmers " ... wo wir alle Richtlinien eingehalten haben" und "Wir können nichts dafür." entspricht nicht der Wahrheit.
Die Richtlinien sind seit Mai 2000 bekannt:

EuGH:

16      Art. 4 dieser Verordnung in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1593/2000 geänderten Fassung bestimmt:

Es wird ein System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen auf der Grundlage von Katasterplänen und -unterlagen oder anderem Kartenmaterial erstellt. Dazu werden computergestützte geografische Informationssystemtechniken eingesetzt, vorzugsweise einschließlich Luft- und Satellitenorthobildern mit einem homogenen Standard, der mindestens eine dem Maßstab 1:10 000 entsprechende Genauigkeit sicherstellt.“
31      Am 9. Mai 2000 übermittelte die Agrarmarkt Austria, die als Zahlstelle in Österreich zugelassene Einrichtung (im Folgenden: AMA), allen mit der Durchführung der Prämien betrauten Stellen ein Dokument mit dem Titel „Horizontale Anweisung 2000“, das eine „Arbeitsanweisung betreffend ‚Futterfläche auf Almen‘ – Leitfaden der AMA“ enthielt. In diesem Dokument wurde im Wesentlichen das im Schreiben vom 2. Mai 2000 als Vorschlag dargestellte neue Messsystem beschrieben. und zu den Luftaufnahmen

75      ... ein auf Orthofotos gestütztes Messsystem zu verwenden, da die Vorschrift, die diese Verpflichtung einführte, nämlich Art. 4 der Verordnung Nr. 3508/92 in der durch die Verordnung Nr. 1593/2000 geänderten Fassung, erst ab 1. Januar 2005 galt.


" ... Damals wurden 293,37 Hektar Futterfläche von der AMA bestätigt ..."
Diese Zahl war und ist eindeutig falsch.
Wenn es nun heißt, "von der AMA bestätigt", dann inkludiert das das Einverständnis der Verantwortlichen der Agrargemeinschaft Feldernalm mit den von der AMA gemachten Feststellungen. Eine Körperschaft öffentlichen Rechts bestätigt gemeinsam mit einer "integrierten Verwaltungs- und Kontrollkörperschaft" der Republik Österreich eine Zahl, die offenkundig falsch ist und der Fördereinrichtung Schaden zufügt.

Dazu die Fakten:
Die Gesamtfläche der im Eigentum der Gemeindegutsagrargemeinschaft Feldernalm stehenden Parzellen beträgt 204,3 ha. Die Agrargemeinschaft Feldernalm hat außerdem ein Nutzungsrecht auf Parzellen der Österreichischen Bundesforste im Ausmaß von 242,9 ha.

Ein Blick in die Landschaft hätte den anwesenden Experten und dem Obmann schon im Jahr 2004 klar gemacht, dass die Fläche der Agrargemeinschaft nur in etwa 2/3 bis 3/4 Futterfläche ist und dass bei den genutzten Bundesforste-Flächen maximal 1/20 bis 1/10 als Futterflächen einzustufen wären. Womit niemals eine geförderte Futterfläche von 293,37 ha erreichbar wäre und auch bestätigt werden könnte.

Dieses Bild verstärkt sich, wenn man die seit 2005 verpflichtenden Orthofotos anschaut:


Führt man an Hand dieser Aufnahmen Schätzungen des Futterflächenanteils durch und erfasst dies tabellarisch, so kommt man auf eine Zahl von ca 153,8 ha, die sich der, die "In Wien auf dem Bildschirm ... auf 139 Hektar geschrumpft" ist, recht gut annähert. Experten schätzen natürlich viel genauer.

Daraus ist zu schließen:
Die Flächenkorrekturen im Jahr 2007 bzw. 2010 auf 260, dann auf 220 Hektar" sind ein taktisches Rückzugsmanöver von den ursprünglich eklatant falschen Daten.
Die Aussage " ... aufgrund besserer Luftaufnahmen ..." ist in Hinblick auf die Tatsache, dass Wälder nicht über Nacht wachsen oder schrumpfen, völliger Unfug.
Die Öffentlichkeit wird verarscht.

Die Orthofotos sind im Landessystem tiris für jedermann einsehbar. Das wäre für die Beteiligten bereits 2007 und natürlich 2010 möglich gewesen.
Die Korrekturen waren daher bewußt falsch angesetzt und waren nicht "nur" ein kleiner Fortschritt in der fotografischen Genauigkeit.
Die Schrumpfung hat nicht überraschend auf Bildschirmen in Wien stattgefunden, die Futterflächen-Zahlen wurden in vermutlich fahrlässigen und täuschenden Schritten falsch angegeben, um schlußendlich den Tatsachen angepasst zu werden.
Im Einverständnis zwischen Agrargemeinschaft, den verantwortlichen Beratern der Landwirtschaftskammer, der AMA und damit dem Landwirtschaftsministerium.

Wir erleben Tarnen, Täuschen und Nebelwerfen durch die Bauernbund-Schwarzmander-Funktionäre zum Schaden der Republik, zum Schaden der Steuerzahler und
zum großen Schaden der Glaubwürdigkeit des Bauernstandes.

Die Drohung mit Sammelklagen ist reine Spiegelfechterei.
Almmeister Klaus Scharmer, Vizebürgermeister, Obmann der Gemeindeguts-Agrargemeinschaft Feldernalm, einer Körperschaft öffentlichen Rechts, daher auch im besonderen Maße dem Gesetz und der Wahrheit verpflichtet, hätte in keinem Fall einer offenkundig falschen Zahl zustimmen dürfen, schon gar nicht müssen.
Er kann etwas dafür.
Keine AMA, kein Ministerium oder keine Landwirtschaftskammer hat ihn dazu gezwungen.
Er darf sich nicht "vom System betrogen fühlen", er ist vielmehr mitverantwortlich in einem System, das vermutlich vielfach betrogen hat.
Er ist nicht der Einzige.
Bei meiner Ehr'.

Aktualisierung 25.04.2013, 23:00 Uhr:
Bürgermeister Köll spricht b
eim Thema "Strafzahlungen für Tiroler Almbauern" von "massiven Beratungsfehlern" der bäuerlichen Vertreter.
Massiver Beratungsfehler im ÖVP-Bauernbund-Deutsch heißt im Klartext: Es wurde wissentlich betrogen.
>>Kleine Zeitung: Köll las Bauern die Leviten>>


Siehe auch