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Plattformwahnsinn live

Die Podiumssikussion am Freitag, den 29.04.2011 in den Raiffeisensälen war vom Publikumsandrang her gesehen ein voller Erfolg. Dem Rennerinstitut der SPÖ als Veranstalter sei gedankt. Der Verkünder der alleinigen Agrar-Wahrheit samt einigen Jüngern war hier endlich auch für viele interessierte Ungläubige zu sehen und zu hören. Sein Nachweis der Orientierungslosigkeit des Verfassungsgerichtshofes mit seinen sieben Erkenntnissen zu Tiroler Agrargemeinschaften im Hinblick auf einen nicht abgestimmten Antrag an den Niederösterreichischen Landtag im Jahr 1864 war von zwingender wissenschaftlicher Brillanz.
Der Plattformwahnsinn ist deshalb nicht verständlicher geworden.

Zur Erläuterung seien hier im Kern einige Aussagen aus einem TT-Posting wiederholt.

Der Verkünder der alleinigen Agrar-Wahrheit hat drei Argumentationslinien. Sie sind von ihm nur aufgewärmt, sie stammen aus einem alten Bauernbund-Fundus, der legendäre Gemeinde-Enteigner Dr.Albert Mair hat sie auch schon benutzt.
Zwei Argumentationslinien wurden bereits als Unfug enttarnt, jetzt wird der Schwerpunkt auf eine dritte Linie gelegt.

So wurde uns von der Oberhofer-Plattform die Agrar-Grundwahrheit eins verkündet:
Der Kaiser habe Mitte des 19. Jahrhunderts doch alles den Agrariern, nicht den Gemeinden ins Eigentum übertragen, daher könne es kein Gemeindegut geben. Denn Gemeinden habe es damals in Tirol noch überhaupt nicht gegeben. Damit hat Verkünder Oberhofer voll in den Mist gegriffen. Keine Agrarbehörde, kein Höchstgericht ist darauf eingegangen. Diese seine Behauptung war einfach historisch falsch.
Sogar in Buchform wurde dieser Unfug garniert mit bezahlten Gutachten verbreitet. Jeder Plattform-Agrarier musste diese Plattform-Bibel kaufen, sonst wäre sie unverkäuflich geblieben. Damit aber nicht genug, eine Fortsetzung wurde in der Diskussion angekündigt.

Die zweite Agrar-Grundwahrheit:
Bei der Grundbuchsanlegung um die Wende zum 20. Jahrhundert seien die Gemeindewälder und die Gemeindealmen falsch für die Gemeinden und Fraktionen eingetragen worden. Die Grundbuchseintragungen seien von juristischen Lehrlingen und Stümpern wie im Archipel Gulag erfolgt, ahnungslos und unter dem Druck der Verwaltung der Monarchie.
Wiederum völliger Unfug, eine bewusste Lüge. Es wurde nachgewiesen, dass die Arbeit der damaligen Richter unter der Aufsicht des Oberlandesgerichtes Innsbruck äußerst sorgfältig war. Alle Betroffenen wurden bei der Grundbuchsanlegung, oftmals sogar mehrere Male, angehört.
Alle haben die Grundbuchseintragungen damals vor hundert Jahren, als die Gemeindeweiden und die Gemeindewälder für die Gemeinden und Fraktionen im Grundbuch als Eigentümer aufgenommen wurden, für r
ichtig befunden.
Die Vorfahren der jetzt gläubigen Plattform-Jünger haben in völliger Freiheit, vor zwei ortskundigen Zeugen, die Grundbucheintragungen bestätigt. Diese Leute waren weder dumm noch feige, sie haben sich mit Nachdruck für ihre Rechte eingesetzt.
Weder Behörden noch Höchstgerichte nehmen den Verkünder der alleinigen Agrar-Wahrheit Ernst, wenn er heute gegen die Justizentscheidungen zur Grundbuchsanlegung hetzt.
Also zwei verkündete  Agrar-Grundwahrheiten sind bereits daneben gegangen.

Jetzt wird den Plattform-Gläubigen die dritte Agrar-Grundwahrheit aufs Auge gedrückt:
Wenn nun im Kleid von Agrargemeinschaften das Gemeindegut über 30 oder über 40 oder über 50 Jahre von den Nutzungsberechtigten bewirtschaftet wurde, dann hätten die Agrarier alles mit Haut und Haar ersessen.
Wiederum weit daneben. Auch nach hundert Jahren wird jemand durch Bewirtschaftung nicht Eigentümer, wenn er nicht gutgläubig war. Von Gutgläubigkeit konnte bei der offenkundig verfassungswidrigen Eigentumsübertragung aber nie die Rede sein.
Einige hatten schon immer "Butter am Kopf" bei diesen höchst bedenklichen Aktionen durch die behördlichen Regulierungen am Gemeindegut von damals. Sie taten es dennoch, auch wenn sie wussten, dass sie Rechtswidriges taten, nur weil sie Macht üben konnten. Das schließt natürlich jede Gutgläubigkeit aus.
Mit Recht musste da der Verfassungsgerichtshof diese unerträgliche Politgaunerei als Vermögensdelikt aufecken.
Warum wurde in St. Anton, in Pians, in Sölden, in Heiterwang verhindert durch Ferdinand Eberle, in Reutte, in Forchach, in Stanzach, in Nesselwängle und in vielen anderen Gemeinden in Tirol den dortigen Agrargemeinschaften nicht das Eigentum am Gemeindegut übertragen? Dort handelte es sich um das gleiche Gemeindegut, wie in allen anderen Gemeinde Tirols. Wo die Gemeinden über den Tisch gezogen und durch sogenannte Regulierungen vom Land am Gemeindegut entschädigungslos enteignet wurden.
Die Antwort ist ganz einfach. Das schlechte Gewissen war in bestimmten Gemeinden zu groß. Gar nicht so wenige Gemeinden hatten sich ihr Eigentum am Gemeinde- bzw. ihr Fraktonsvermögen trotz Regulierungsverfahren von der Agrarbehörde einfach nicht nehmen lassen.
In Galtür ist man von Behördenseite völlig unverrichteter Dinge abgezogen. Ein Aktenvermerk wurde angelegt. Das war es. Der damalige Landesamtsdirektor Rudolf Katrein hat seine Heimatgemeinde gut und rechtlich korrekt beraten. Dort war bei den Gemeindevertretern nichts zu richten, die ließen sich nichts einreden, die Agrarbehörde war chancenlos, der Gemeinde Galtür wurde so ihr Eigentum am Gemeindegut belassen, die Gemeinde ließ sich nicht in die Knie zwingen.
Wer könnte da heute jemandem glauben, der sagt,  in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts wären alle gutgläubig gewesen?
Beim Land, bei den Gemeinden und vor allem bei den Agrariern, denen rund 2000 km² Gemeindewälder „zugeeignet“ wurden. Ein falscher Apostel, der
sich erdreistet dies zu sagen und ein Tor der diesen Holler glaubt. Das weiß natürlich der Verkünder der alleinigen Agrar-Wahrheit.
Auch diese Argumentationslinie wird in die Hose gehen. Und er wird noch ein Buch mit Lohnschreiberlingen herausgegeben haben. Den Zwangsabnehmerkreis kennt man schon.
Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Sagt man. Aber viele gehen der Plattform leider immer noch auf den Leim. Einige Bauern und Agrarmitglieder glauben trotz der unglaublichen juristischen Tänze und Kapriolen in der Argumentation leider immer noch an den Plattformwahnsinn.

Passenderweise wurden am gleichen Tag die ohnehin gefilterten Zahlen der Transparenzdatenbank veröffentlicht: Der Spitzenreiter bei den EU-Förderungen in Österreich ist der Waldpflegeverein Tirol mit 4,07 Millionen Euro. Es sei ihnen gegönnt, nur in den Buchhaltungen der Agrargemeinschaften, z.B. in Mieming, ist wenig bis gar nichts zu finden. So wie die Holzerträge. Korrekte Buchführung schaut anders aus. Vor allem dann, wenn versucht wird, Kosten den Gemeinden anzulasten.

Die Holz- und Weidenutzungen von berechtigten Gemeindeangehörigen am Gemeindegut waren damals wie heute in ganz Tirol völlig unbestritten. Dabei wird es auch bleiben.
Bei der Ehre von Demokraten.


Siehe auch die TT vom Sonntag, den 1. Mai 2011.
Siehe auch die >Tiroler Krone>
Siehe auch ORF Radio Tirol  >Fronten im Agrarstreit bleiben verhärtet>