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Musterfall Mieming: LAS-Erkenntnisse zu den Agrargemeinschaften Barwies und See-Tabland-Zein

Die perfide Verzögerungstaktik Steixners und der Landesverwaltung ist immer wieder unfassbar. Die noch dazu sichtbar gewordene verfassungswidrige und planvolle Rechtsverbiegung durch den Landesgesetzgeber unter der Regie des Bauernbundes greift an die Wurzeln des Rechtsstaates und der Demokratie. Die Erkenntnisse zu Barwies und See-Tabland-Zein bestätigen das einmal mehr.

Information und Transparenz sind Grundlagen für politische Arbeit. Es ist Bürgermeister Dr. Dengg zu danken, die LAS-Erkenntnisse den Gemeinderäten ehest zur Verfügung gestellt zu haben.

Zuerst eine kurze Chronologie:
Nach dem richtungsweisenden VfGH-Erkenntnis 1982 wurde im Juni 2008 die Öffentlichkeit mit dem VfGH-Erkenntnis Mieders I wachgerüttelt. Die folgende politische und öffentliche Diskussion brachte es mit sich, daß die Tiroler Landsregierung die amtswegige Neuregulierung der Mieminger Agrargemeinschaften im Frühjahr 2009 ankündigte.
Die ersten Besprechungen zur Neuregulierung fanden im Frühjahr 2009 statt.

Nach der Beschlussfassung zur Novelle des TFLG verwies Landesrat Steixner in der Beantwortung einer Anfrage von Georg Willi auf die Aufwendigkeit des Verfahrens hin: „Die Bewertung der abgeschlossenen Wirtschaftsjahre ist insbesonders wegen des langen Rückrechnungszeitraumes (Eigentumsübertragung) mit großen Schwierigkeiten verbunden.“ und „Die Abteilung Agrargemeinschaften steht hier bereits in Kontakt mit den einschlägigen Sachverständigen (auch) für die Grundstücksbewertungen.“
Für MIEMING TRANSPARENT war das eine gefährliche Drohung:
Am 16.03.2011 waren die mündlichen Verhandlungen zu den Regulierungen der Agrargemeinschaften Barwies und See-Tabland-Zein angesetzt.

Die Bescheide wurden Ende April 2011 zugestellt. Die Parteien haben Berufung an den Landesagrarsenat erhoben.
Die Erkenntnisse des LAS wurden am 10.11.2011 zugestellt und den Gemeinderäten am 25.11.2011 zur Kenntnis gebracht.
 
Was ist nun das Bemerkenswerte an diesen Erkenntnissen:
Zwei wesentliche Punkte sind hervorzuheben.

Verzögerung:
Der Landesagrarsenat hat umfangreich Spruchpunkte des Bescheides der Agrarbehörde 1. Instanz behoben, da nicht über gestellte Anträge entschieden wurde. Sie wurden an die 1. Instanz zur Entscheidung zurückverwiesen. Die Agrarbehörde hat über die Vergangenheit und die dazu gestellten Anträge zur Schadensgutmachungen gegenüber der Gemeinde und der Gemeindeöffentlichkeit zu entscheiden. Das ist ihre Aufgabe. Sie hat es nicht getan, daher muß sie zurück an den Start.
Dieser Erkenntnisteil ist als schwere Rüge zu verstehen.
Die Agrarbehörde hat 2011 all das nicht entschieden, was 2008 und 2009 Anlaß zur Aufnahme der amtswegigen Regulierung der Mieminger Agrargemeinschaften war. Dreieinhalb Jahre nach dem VfGH-Erkenntnis Mieders II und zweieinhalb Jahre nach der amtswegig eingeleiteten Neuregulierung. Im März 2010 wurde laut Steixner daran angeblich unter "großen Schwierigkeiten" gearbeitet. Da liegt kein Fehler vor, das ist gewollt. Es ist kaum vorstellbar, daß diese unverständliche Verzögerung in der Zuständigkeit Anton Steixners ohne politische Intervention erfolgte. Es ist unfassbar.

Verfassungswidrige Interpretation:
Substanzerträge aus Teilwäldern
interpretiert der LAS nach den Buchstaben des § 40 Abs. 6 TFLG.
Hier heißt es in den Erkenntnissen Barwies und STZ:
"Nach § 40 Abs. 6 TFLG fallen Erträge aus dem Teilwald mit Ausnahme der Holz- und Streunutzung dem Grundeigentümer und dem Teilwaldberechtigten zu gleichen Teilen zu, dagegen haben sie auch die für den Teilwald zu leistenden Abgaben je zur Hälfte zu tragen. Daraus ist zu ersehen, dass der Eigentümer einer teilwaldbelasteten Grundfläche durchaus Teilhabe an allfälligen Substanzerlösen aus dem Teilwald hat."
Diese Gesetzesauslegung ist sichtbar nicht verfassungskonform.
Der VfGH hat in seinem Grundsatzerkenntnis vom Jahre 1982 VSlg. 9336 gesagt, die Substanz und die Substanzerträge vom Gemeindegut (auch vom regulierten Gemeindegut, so wiederholt dies der Gerichtshof in seinem Erkenntnis Mieders I vom Jahr 2008!) gehört ausschließlich den Gemeinden.
Im selben § 40 wird jedoch unter Abs. 4 normiert, dass dem Teilwaldberechtigten im Falle einer Ablöse eine einmalige Entschädigung zusteht. Neben dem Ausfall an Holzertrag bekommt der die Hälfte des Bodenwertes einer gleichgelagerten Fläche im Freiland ersetzt. Der Abs. 6 kann nun nicht so ausgelegt werden, dass dem Teilwaldberechtigten die Hälfte der Substanzerlöse in jeder Richtung zusteht. Eine verfassungskonforme Interpretation kann nur dahin gehen, dass der Abs. 6 mit der Hälfteteilung nur die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen im Teilwaldgebiet gemeint hat.
Die Gemeinde Mieming wird gegen diese Spruchpunkte Beschwerde erheben müssen. Die Halbierung der Substanzerträge durch den LAS entgegen den VfGH-Erkenntnissen kann nicht verfassungskonform sein.
Der LAS widerspricht sich dazu sogar selbst in einem anderen Zusammenhang im Erkenntnis Barwies auf Seite 41 und STZ auf Seite 32:
"Unter der nach der Gemeindeordnung zur Beurteilung und Feststellung des Rechtes und des Maßes der Teilnahme an den Nutzungen eines Gemeindesonderguts heranzuziehende Übung ist nämlich nach der feststehenden Spruchpraxis der beiden Höchstgerichte (siehe Erkenntnis VfGH zu Zl. 1143/1929 und die dort angeführte Vorjudikatur) die beim Beginn der Wirksamkeit der Gemeindeordnung unangefochtene Übung zu verstehen. Das Recht der Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes ist sohin von der bisherigen Übung abhängig, und zwar in Tirol von der Übung im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Tiroler Gemeindeordnung im Jahre 1866."
Über dieses Maß hinaus konnten und können die Nutzungsrechte nicht erweitert werden. Dies galt auch 1984 für den Landesgesetzgeber.
§ 40 Abs. 6 TFLG ist offenkundig verfassungswidrig.
Die Entstehungsgeschichte des Abs. 6 enthüllt einmal mehr die historische Dimension der Politgaunerei um das Gemeindegut in Tirol. Dieser Absatz wurde dem TFLG in der Novelle des Jahres 1984 eingefügt. Wenn man den Absatz in der Auslegung einer Hälfteteilung der Substanzerträge verstehen müßte, dann wäre dies eine glatte Aushebelung des Verfassungsgerichtshofes und seiner Judikatur zum Gleichheitsgrundsatz in den gesetzlichen Bestimmungen zum Tiroler Gemeindegut gewesen. Dieser im Erkenntnis von 1982 vom VfGH zum Gemeindegut dargelegte Gleichheitsgrundsatz hätte auch den Tiroler Gesetzgeber, den Tiroler Landtag gebunden.
Man kann davon ausgehen, daß der Landtag nicht aus Ahnungslosigkeit so handelte. Hat doch der zuständige, jetzt mit starken Erinnerungslücken behaftete Landesrat den Agrariern verkündet: "Wir machen weiter wie bisher!".
Einfach ausgedrückt: "Der VfGH sagte 1982, der Substanznutzen gehört der Gemeinde. Der Tiroler Landtag sagte 1984, nein, die Hälfte davon gehört den Nutzungsberechtigten."
Das bewußte Zuwiderhandeln ist als Staatsstreich gegen die Grundrechte in unserer Verfassung zu verstehen.
Die Novelle 1969 und die Novelle 1984 zum TFLG sind Eckpunkte für die Enteignung der Gemeinden. Beide Novellen sind in der Zeit der absoluten Mehrheit der ÖVP unter LH Eduard Wallnöfer vom Landtag beschlossen worden: "Die ÖVP ist das Klavier, auf dem der Bauernbund spielt". Die Aneignung der Teilwälder war bereits im Bauernbundprogramm von 1904 festgeschrieben. Offenbar versuchte der Bauernbund der "Drohung" mit dem Gleichheitsgrundsatz durch den VfGH unter Missbrauch des Landtages noch schnell eine Lex-Teilwald oder vielleicht auch Lex-Mieming entgegenzusetzen.
Mit diesen beiden Novellen wurde der gepflogenen rechtswidrigen, gleichheitswidrigen, also diametral der Verfassung widersprechenden Praxis beim Grundverkauf durch die Gemeindegutsagrargemeinschaften ein "rechtliches" Gesicht gegeben. Eine schöne Larve, hinter der die Fratze der Politgaunerei steckt.

Der Versuch, in das Verfahren abermals eine rechtshistorische Aufarbeitung anhand von vermeintlich neu zu bewertenden Dokumenten und Zeugenaussagen einzubringen, wurde vom LAS, wie schon vorher von der Agrarbehörde, abgelehnt. Der Verfahrensansatz nach Plattform, Oberhofer und neuerdings auch Agrargemeinschaftsverband West hat den Mieminger Agrargemeinschaften, somit der Gemeinde, zwar bereits mindestens € 22.500.- gekostet, aber die Behörden wischen diese Argumentationslinie vom Tisch. Es gilt nur die bestehende Judikatur. Wie es so in einem Rechtsstaat üblich ist.
Das Klammern an einen Strohalm ist der Versuch der beiden Mieminger Anwälte, aus der Hauptteilung zwischen den Agrargemeinschaften Barwies und See-Tabland-Zein eine Hauptteilung zwischen der Gemeinde und diesen Agrargemeinschaften zu konstruieren. Der LAS weist dies mit Recht zurück.
Ergänzend dazu sei auf einen Gemeinderatsbeschluss im Gemeinderatsprotokoll vom 17.8.1968 hingewiesen:
"ad 3) Es wird einstimmig beschlossen von Luise Wett u. Kinder, Barwies, das Nutzungsrecht auf den Gp 8475 u. 8476 KG Mieming zum Bau eines Schwimmbades anzukaufen.
Nachtrag: der Preis für pro m² Nutzungsrecht beträgt 34.-"
Die Gemeinde hat die Nutzungsrechte zu einem weit überhöhten Preis abgelöst.
Vierzig (!!) Jahre später hat die Bezirksforstinspektion den Teilwald-Ablösewert mit € 1,50 bis max. 2,- bestimmt. Das wären rund 20.- bis 27.- Schilling.
Der Gemeinde wurde alles genommen und sie durfte auch noch überhöhte Preise zahlen. Beschlossen haben dies Leute, die im Gemeinderat und auch in den Agrargemeinschaften saßen. Die Befangenheitsregeln der TGO wurden und werden auch heute noch von der Gemeindeaufsicht einseitig interpretiert.
Nicht als endgültig geklärt sind die abgeänderten Grundstücksqualifizierungen zu betrachten. Wenn die zwei Wegparzellen 9607/2 und 9607/4, mitten in den Teilwäldern gelegen, nicht als Gemeindegut festgestellt werden, dann kann nur Gemeindevermögen vorliegen. Sie wurden jedenfalls der Gemeinde genommen, weg reguliert. Der Anspruch der Gemeinde auf Grundstücke, die von den Agrargemeinschaften mit der Gemeinde gehörigen Substanzmitteln erworben wurden, ist jedenfalls aufrecht zu erhalten.