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Die Gemeinde wird scheibenweise abmontiert

Eine etwas schizophrene Vorstellung boten Bürgermeister und die Mehrheitsfraktionen im Gemeinderat vom 29. Feber 2012. Es standen wieder drei Landesesagrarsenats-Erkenntnisse auf der Tagesordnung: Diskussion und Beschlussfassung zu den Erkenntnissen bezüglich der Agrargemeinschaften Fronhausen-Gschwendt, Marienbergalpe und Simmeringalpe.

Die weitere Handlungsfähigkeit des Bürgermeisters wäre auch in diesen Fällen nicht von einem Gemeinderatsbeschluss abhängig gewesen. Dr. Dengg hätte auch hier selbst die Entscheidung treffen können.
Er hat jedoch wiederum ein Feigenblatt gesucht, das ihm eine Rechtfertigung gibt, die Interessen der Gemeinde nicht vorbehaltslos zu vertreten.
Das scheibenweise Abmontieren der Gemeinde durch den LAS wird am Beispiel Fronhausen-Gschwendt in erschütternder Weise demonstriert.
Zu Fronhausen-Gschwendt hatte die Agrarbehörde 1. Instanz  2009 mit nicht nachvollziehbarer Begründung beschieden, dass kein Gemeindegut vorläge. Altbürgermeister Dr.Gapp hat pflichtgemäß und seiner Funktion entsprechend dagegen berufen. Es hat nun weit über zwei Jahre gedauert, dass der Landesagrarsenat über die Berufung der Gemeinde befunden hat.
Der Rechtsvertreter der Gemeinde, Dr. Brugger, hat in seinem Mail darauf hingewiesen, dass zwar der wesentliche Teil der Berufung, nämlich die Feststellung von Gemeindegut, erreicht worden sei, dass jedoch, nebst der Halbierung der Substanzerträge im Teilwald wie in Barwies und See-Tabland-Zein, ein völlig unberechenbarer Pferdefuß in weiteren Formulierungen des Erkenntnisses steckt. Daher wäre der Gang zum Verfassungsgerichtshof zu empfehlen.

„Der Landesagrarsenat hat nicht nur die Ansicht vertreten, dass die in Punkt A) 1) angeführten Grundstücke nicht Gemeindegut seien, sondern auch, dass die Übertragung von Gemeindevermögen an eine Agrargemeinschaft weder vom Erkenntnis des VfGH zu VfSlg. 18.446/2008 noch von der TFLG-Novelle zu LGBl. Nr. 7/2010 erfasst werde und dass die Agrarbehörde für allfällige Ansprüche der Gemeinde aus der zu Unrecht, aber doch rechtswirksam erfolgten Übertragung von Gemeindevermögen ins Eigentum der Agrargemeinschaft Fronhausen-Gschwendt nicht zuständig wäre. Dies würde im Ergebnis bedeuten, dass die Gemeinde den Substanzwert gerade jener Grundstücke verlieren würde, die ihr vor dem Tätigwerden der Agrarbehörde voll und ganz gehörten, weil sie nicht einmal durch Nutzungsrechte anderer Agrargemeinschaftsmitglieder belastet waren. Ein solches Ergebnis wäre unbillig und auch unlogisch. Sinngemäß das Gleiche muss für Grundstücke gelten, die nach der Regulierung aus Substanzerträgen erworben wurden, weil die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie auch eine Wertegarantie beinhaltet.“

Die Sachlage:
1930 wurden durch die Gemeinden Obsteig und Mieming Grundstücke erworben und in der Einlagezahl 205 KG Obsteig für die Fraktionen Gschwendt und Fronhausen einverleibt. Das Nutzungsrecht verblieb bei den Verkäufern. Diese Grundstücke wurden bei der Regulierung an die Agrargemeinschaft übertragen. Diese Grundstücke waren nach Meinung des LAS zum Zeitpunkt der Regulierung kein Gemeindegut, da dieses nach 1866 nicht mehr neu begründet werden konnte, sondern Gemeindevermögen.
Die Übertragung mag zu Unrecht erfolgt sein, ist aber rechtskräftig.
Die Agrarbehörde hat zu Wallnöfers Zeiten den Gemeinden rechtswidrig auch Gemeindevermögen wegnehmen dürfen, für Gemeindevermögen bzw. für die Rückgabe von Gemeindevermögen ist sie aber laut LAS nicht zuständig.
Sollte die Gemeinde auf den Substanzwert ihres Vermögens zugreifen wollen, dann müßte sie den ordentlichen Rechtsweg beschreiten. Das gilt natürlich auch für alle Grundstücke, die aus Substranzerträgen erworben wurden.
Die Substanzerträge im Teilwald wurden auch in Fronhausen halbiert.
Insgesamt ist das eine grobe Benachteiligung der Gemeinde und bringt außerdem Rechtsunsicherheit mit sich.
Das ist jedoch für Bürgermeister Dr.Dengg und die agrarischen Mehrheitsfraktionen kein Grund, die Höchstgerichte anzurufen.
Man kann hoffen, dass durch andere Gemeinden diese Frage eines Tages gelöst wird, aber bis dahin hat die Gemeinde Mieming den Schaden. Verursacht von Dr. Dengg und den Agrariern im Gemeinderat.
Durch die Ablehnung mit 11:4 Stimmen.Der Verdacht der Untreue ist gegeben.
Von der Befangenheit der agrarnahen Gemeinderäte braucht man schon gar nicht mehr zu reden.
Der Appell der Opposition, im Sinne der Rechtssicherheit den VfGH anzurufen, blieb ungehört.

Die Gemeinde wird abmontiert.
Wegparzellen in den Agrargemeinschaften Barwies und See-Tabland-Zein, die der Gemeinde bei der Regulierung genommen wurden, hat man der Gemeinde nicht zurückgegeben. Wegparzellen sind nicht mit Nutzungsrechten belastet und könnten daher auch als Gemeindevermögen gesehen werden. Auch der unverteilten Wald könnte so beurteilt werden.
Die Fläche an unverteiltem Wald und unverteilter Weide beträgt in Mieming ca. 130 ha. Eine Anfrage vom April 2011 an den Bürgermeister bezüglich der genauen Ausmaße, wurde bis heute noch nicht beantwortet. Es soll wohl niemand zu wissen, wie dieses Gemeindevermögen zu bewerten ist.
Somit wurde von den Rechten der Gemeinde wieder eine Scheibe abgeschnitten und sie darf ihre Ansprüche wieder nicht am Rechtsweg verteidigen.
RA Oberhofer, dem Rechtsvertreter der AG Fronhausen, wird das gefallen.

Die Beschlüsse zu den Agrargemeinschafte Marienbergalpe und Simmeringalpe führen auf das Gebiet der Tiefenpsychologie.
Diese beiden Agrargemeinschaften wurden von der Agrarbehörde 1. Instanz  als Gemeindegut festgestellt. Beide haben beim LAS dagegen berufen. Beide Bescheide hat der Landesagrarsenat nun aufgehoben.

Dem Landesagrarsenat ist hier vermutlich eine willkürliche Beurteilung der Aktenlage vorzuwerfen. Der Bürgermeister hielt nun an dieser Stelle einen flammenden Appell, dass die Gemeinde für Rechtssicherheit sorgen muss, dass der Gemeinderat dem Wohl der Gemeinde verpflichtet sei, und dass die Gemeinde daher im Sinne einer rechtsstaatlichen Abwicklung die außerordentlichen Rechtsmittel mit einer Verfassungsbeschwerde ergreifen muß.
Dies wurde jeweils mit 9:5 bei einer Enthaltung beschlossen.
Das ist durchaus begrüssenswert, aber das alles hätte auch für Fronhausen-Gschwendt gegolten.
Die ungelöste Befangenheitsproblematik ist auch hier festzuhalten.

Ist es politisches Kalkül, ein "Spagat-Versuch" zwischen den Agrarinteressen und den Gemeindeinteressen? Auf der einen Seite verhindern Bürgermeister und Gemeinderat als Wiederholungstäter den weiteren Rechtsweg schon bei der dritten Agrargemeinschaft und auf der anderen Seite wird der Pfad der Tugend, der Gang zum VfGH beschlossen. Die Halbierung der Substanzerträge scheint tolerierbar zu sein, der Totalverlust des Gemeindegutes verständlicherweise nicht mehr.
Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit sind unteilbare Grössen. Sie haben für alle Beteiligten zu gelten. Die Halbierung der Substanzerträge und Substanzverlust lassen sich nicht mit dem Gelöbnis als Gemeinderat verbinden. Da hilft auch nicht die Beruhigungspille mit den zwei Alp-Agrargemeinschaften.

>>Rundschau 2012 03 07>>