Aktuelles

Prüfbericht an Abteilung Agrargemeinschaften

Nachstehender Bericht wurde dem Leiter der Abteilung Agrargemeinschaften übermittelt.

Ulrich Stern
Gemeinderat in Mieming
Rechnungsprüfer der Agrargemeinschaften
 
Mieming, 04 05 2016
 
An die
Abteilung Agrargemeinschaften
z.H. Herrn Mag. Bernhard Walser
 
Betrifft:               GGAG Jahresrechnungen 2016
                          Beschlussfassung in der Gemeinderatssitzung vom 26 04 2017
Sehr geehrter Herr Mag. Walser!
Ich erlaube mir, Ihnen den nachstehenden Prüfbericht an den Gemeinderat von Mieming persönlich zur Kenntnis zu bringen. Die Aktenlage zeichnet ein Sittenbild, das nur schwer mit der Pflicht der ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeindegutes vereinbar ist. Eine Summe von „Kleinigkeiten“ macht den fehlenden Anstand und die Haltung im Großen sichtbar: Das Gemeindegut wird als Selbstbedienungsladen betrachtet.
Ich gehe davon aus, dass Sie meine Auffassung, Gemeindegut nach der Tiroler Gemeindeordnung (Zit. VwGH) sei auch nach der Gemeindeordnung zu behandeln, nicht teilen. Die Sachlage zeigt jedoch klar auf, dass pauschalierte Beiträge und komplexe Verwaltungsstrukturen nicht geeignet sind, das Gemeindegut vor Übergriffen zu schützen.
Es ist für einen Normalbürger nicht nachvollziehbar,
wenn die substanzberechtigte Gemeinde bei viehhaltenden Bauern für den Kauf von
  • Kunstdünger und Schafsmist für die Gemeinschaftsweide
  • Futtermitteln
  • Medikamenten für die Tiergesundheit
  • Zaunmaterial
aufkommen muss,
wenn die substanzberechtigte Gemeinde zu Maschinenringsätzen Arbeitszeiten der Bauern und den zugehörigen Maschineneinsatz für
  • Düngerausbringung
  • Zaunerrichtung und -erhaltung
bezahlt,
und wenn der substanzberechtigten Gemeinde darüber hinaus auch noch die Jause der Leute verrechnet wird.
Es ist einfach unanständig, abgesehen von eventueller strafrechtlichen Relevanz,
  • wenn ein Maschinenverein bestehend aus Agrargemeinschaftsmitgliedern, dem per Gemeinderatsbeschluss die Maschinen aus dem Substanzvermögen geschenkt wurden, der eigenen Agrargemeinschaft für die Durchführung eines Kapelleneinweihungs-Festl’s Bruttopreise für Getränke und Speisen verrechnet, um damit die Kasse des Maschinenvereins aus öffentlichen Geldern zu speisen. Noch dazu, wenn dann der Agrargemeinschaft die gesamten Getränke gesondert noch einmal verrechnet wurden. Was in diesem Fall nach Beanstandung richtiggestellt wird.
  • wenn in einer anderen Maschinengemeinschaft ein Ersatzteil für die von der Agrargemeinschaft verschenkten Maschinen verrechnet wird,
  • wenn die mit Maschinen beschenkten Agrargemeinschaftsmitglieder den Bereich um die Maschinenhalle von einem Forstunternehmen durchforsten lassen.
Diese Ungereimtheiten wurden von mir unter TO Pkt 16) unter Verwendung des nachstehenden Redekonzeptes vorgetragen:

Allgemeines 
 
Wir haben eine problematische Grundsituation:
 
 
Einerseits: Beim Gemeindegut aller GGAG handelt es sich um Gemeindegut nach der TGO.  Dies ist mehrfach in VwGH-Erkenntnissen judiziert. Demgemäß ist es verpflichtend, das Gemeindegut auch so zu behandeln
 
 
Andrerseits gibt es die TFLG Novelle 2014 mit den diversen Durchführungsbestimmungen
 
 
und -verordnungen, wo Regelungen mit Bewirtschaftungsbeiträgen u.ä. vorgegeben werden. Diese harmonieren jedoch nicht mit der TGO.
 
 
Der Landesgesetzgeber hat die Beantwortung und Verantwortung zur Frage, wie das Gemeindegut zu behandeln sei, ob nach TGO oder TFLG plus Durchführungsbestimmungen, auf die Gemeinderäte, Substanzverwalter und Bürgermeister abgewälzt.
 
 
Bisher ist in Mieming die Abwicklung des Rechnungswesens der GGAG nur nach TFLG plus Durchführungsbestimmungen erfolgt, die für alle Gemeinderäte verpflichtende TGO, hier insbesondere der § 72 bezüglich der Umlage der Nutzungskosten auf die Nutzer, wurde außer Acht gelassen.
 
 
Scheint die Sachlage bei den rein landwirtschaftlichen Nutzungskosten klar zu sei, so wäre allerdings im Kapitel Bringungsanlagen zweifelsohne eine Miteinbeziehung der Gemeinde im Hinblick auf die öffentliche, touristische Nutzung der Wald- und Feldwege gerechtfertigt. Dies gilt für alle AGs.
 
 
 
 
 
Zu den einzelnen Jahresabschlüssen:
 
 
GGAG Barwies:
 
 
Die Aufwendungen für die landwirtschaftliche Nutzung sind durch die Bewirtschaftungsbeiträge gedeckt. Insoferne ist die GGAG Barwies der Musterknabe.
 
 
Die Frage der Jagdpacht bleibt offen: Es wurden nunmehr die vergangenen Jahre durch die Jagdgenossenschaft nachbezahlt. Aber es liegt kein Vertrag vor. Es müsste jedoch einen Genossenschaftsvertrag geben, in dem die Verteilung der Jagdpacht auf die Genossenschaftsmitglieder, das sind vermutlich die zwei GGAGs und die Flurjagdbeteiligten, geregelt ist.
 
 
Das gleiche gilt für die GGAG See Tabland Zein
 
 
GGAG Feldernalpe
 
 
Nicht nachvollziehbar ist die Verrechnung von Kosten für Futtermittel und Tiergesundheit. Ebensowenig wie der Umstand, dass jene Leute, die ihre Arbeit zu Maschinenringsätzen verrechnen, sich auch die Jausengetränke von der AG zahlen lassen.
 
 
 
 
 
GGAG Fronhausen Gschwent
 
 
Nicht von mir geprüft.
 
 
GGAG Obermieming
 
 
Positiv ist die Durchforstung von unverteilten Parzellen durch die vermittelten Flüchtlingspartien zu vermerken. Es wurden 650 Mannstunden geleistet.
 
 
Nicht verständlich ist bei einer AG bestehend aus Viehbauern der Zukauf von 1 to Kunstdünger vom Lagerhaus und Schafsmist im € 700.- vom Bruder des Bürgermeisters.
 
 
Düngen und Zäunen wurde von den beteiligten Haupterwerbsbauern zu MR-Sätzen verrechnet, sie haben sich dabei durch eine Jause im Wert von € 74,88 von Plattner auf Kosten der AG gestärkt.
 
 
Den Flüchtlingspartien hat man keine Jause gegeben.
 
 
Ungeklärt ist nach wie vor der zweite, größere, Teil der Golfplatzpacht, der entsprechend den Bestandsverträgen an die Nutzungsberechtigten ausgezahlt wird.  Er ist vermutlich mindestens doppelt so groß wie der derzeit an die Gemeinde gezahlte Teil. Vermutlich weit über € 60 000.- werden der substanzberechtigten Gemeinde vorenthalten. Der Substanzverwalter hat bis dato keine rechtlichen Schritte unternommen.
 
 
GGAG Seebenalpe
 
 
Nicht nachvollziehbar ist die Verrechnung von Kosten für Futtermittel und Tiergesundheit.
 
 
Ebensowenig wie eine MR-Rechnung über „Weideabstreifen“ vom 27 04 2016 (!) oder eine Rechnung über Futtermittel vom 31 10 2016 (Rechnungsdatum ist Lieferdatum).
 
 
GGAG See Tabland Zein
 
 
Bezüglich der Jagd gilt das für Barwies gesagte.
 
 
Trotzdem die Maschinen bereits an einen Verein, die Maschinengemeinschaft, verschenkt wurden, werden noch Kosten für die Maschinenerhaltung der AG verrechnet. Die Maschinengemeinschaft wurde mit der Durchführung des Kapellen-Festls beauftragt. Die verteilten Essens- und Getränke-Bons wurden brutto an die AG verrechnet. Die Maschinengemeinschaft, bestehend aus Mitgliedern der AG, hat damit Agrargemeinschaftsgelder an die Maschinengemeinschaft umgeleitet. Das ist ein Griff in die Kassa. Darüber hinaus wurde die gesamte Getränke-Rechnung von der Fa. Stiegl ebenfalls der AG aufgebürdet. Nach Gespräch mit dem Substanzverwalter wird dies ehest durch die Maschinengemeinschaft bereinigt werden.
 
 
GGAG Untermieming
 
 
Einem Maschinenverein der Mitglieder der AG Untermieming wurden die Maschinen geschenkt. Unverständlich daher die Verrechnung des Kaufes eines Ersatzteiles, einer Flachstrahldüse, im Kto. 55 Maschinen und Anlagen. Unverständlich daher ebenso, die Durchforstung des Areals um die Maschinenhalle auf Kosten der AG.
 
 
 
 
 
Zusammenfassung:
 
 
Berücksichtigt man Leistungen, die ganz oder zumindest teilweise von der Gemeinde zu tragen wären, sowie die bereits geleisteten Bewirtschaftungsbeiträge und sichtbare Förderungen, dann verbleibt noch immer ein auf die Nutzungsberechtigten nach TGO umzulegender Kostenanteil von größenordnungsmäßig 50 000.- Euro. Der Bürgermeister ist in dieser Hinsicht seiner Verpflichtung zur Umlage gemäß TGO nicht nachgekommen.
 
 
Mit der nicht eingeforderten Golfplatzpacht ergibt dies für das Jahr 2016 gesamt einen Betrag von geschätzt über € 100 000.- der der Gemeinde vorenthalten wird.
 
 
Ich sehe mich als Gemeinderat und Rechnungsprüfer natürlich der TGO verpflichtet und kann deshalb den vorliegenden Jahresabschlüssen keinen Zustimmungsvermerk erteilen.
 
 
Ein gesonderter Bericht wird an die Abteilung Agrargemeinschaften ergehen.
 
In weiterer Folge wurden die Hauptdaten der Jahresabschlüsse vom Bürgermeister einzeln vorgetragen und jeweils die Abstimmung durchgeführt. Alle Jahresrechnungen wurden trotz des fehlenden Zustimmungsvermerks mit 13:1 bei jeweils einer Enthaltung (Substanzverwalter) genehmigt. Um Protokollierungsfehlern vorzubeugen, habe ich den obigen Bericht schriftlich hinterlegt.
Ich habe diesen Weg gewählt, um Ihnen anhand der vorliegenden Beispiele in einer Gemeinde die unzureichende und fragwürdige Praxis der Verwaltung des Gemeindegutes durch die Substanzverwalter und die Agrargemeinschaften aufzuzeigen.
Ich ersuche höflichst um Kenntnisnahme.
Hochachtungsvoll
Ulrich Stern
Gemeinderat in Mieming