GemNova – Drama, Posse und Schwarzmander-Tücke

Published date: Montag, 13 November 2023 13:52

Mit medialem Getöse wurde ein im Gemeindeverband in interner Behandlung stehendes wirtschaftliches Problem der GemNova zu einem Skandal aufgeblasen. Den künstlich Empörten wurde in der öffentlichen Darstellung sichtbar mehr Raum gegeben als den direkt Betroffenen. Im Sinne von „Audiatur et altera pars“ werden hier zwei Briefe wiedergegeben, die ein bezeichnendes Licht auf die Angelegenheit und ihre Beschreibung werfen.

Es ist notwendig zwischen GemNova-Sachlage einerseits und dem Getöse mit den verschiedenen Darstellern andrerseits zu unterscheiden.

Zur Sachlage: Nach Meinung des Wirtschaftsberaters der GemNova war eine Sanierung der prekären Situation mit ein wenig gutem Willen seitens der 277 Tiroler Gemeinden ohne weiteres möglich. Dieser Weg wurde in fahrlässiger Weise nicht beschritten. Politische Interessen hatten den Vorrang.

Zum Getöse: Einige, der Schwarzmander-Schlangengrube zugehörige Mitverantwortliche waren nicht dieser Meinung und haben die Köpfe der Verantwortlichen gefordert. Interessen ihrer Institutionen aber auch persönliche Interessen standen dahinter.

Dazu ist es erhellend, die in den nachfolgend zitierten Mails Genannten in ihrer politischen Positionierung einzuordnen.

Den Bürgermeistern der folgenden Gemeinden ist abzusprechen, dass ein erhöhter Beitrag  aus der Sicht des Gemeindebudgets nicht möglich gewesen wäre.

Christoph Walser, Bürgermeister von Thaur, ÖVP, Mitglied des Wirtschaftsbundes, Präsident der Tiroler Wirtschaftskammer ist durch seine Bemühungen um den Landeshauptmannsessel bekannt geworden. Er hat seit jeher aus Kammerinteressen die Konkurrenz der GemNova für die heimische Wirtschaft bekämpft. Was beim Bildungspool völlig unverständlich war und ist. Die Aufgaben und das Personal wurden voll vom Land übernommen. Seine Kompetenz für irgendeine Art von Kritik an der Geschäftsführung ist durch seine aktuelle persönliche Entwicklung ausreichend qualifiziert. Das ist ein Treppenwitz in der Tiroler Landespolitik.

Dominik Mainusch, ÖVP Tirol, Bürgermeister von Fügen, Landesparteivorstand – Mitglied , Landesgruppe Tirol des Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes (AAB Tirol) – Stellvertretender Landesobmann, Abgeordneter zum Landtag von Tirol, ÖVP.

Insgesamt gilt noch immer der Grundsatz, „die ÖVP ist der Schwanz, mit dem der Bauernbund wedelt“.

Dies führt zu Magnus Gratl. Über ihn schreibt die TT am Freitag, 24.07.2020, 06:58: Gratl kommt aus dem ÖVP-Bauernbund und war lange Jahre in der Zentrale in der Innsbrucker Brixner Straße tätig. Von dort ging er zum Maschinenring, bevor der Bezirksobmann von Forum Land zuletzt bei der Dienstleistungsgesellschaft des Gemeindeverbands GemNova andockte. Im Landeshauptmann-Büro wird er für Gemeindeangelegenheiten zuständig sein. Sehr zum Missfallen von SP-Chef Georg Dornauer. „Mit Gratl holt sich Platter eineinhalb Jahre vor den Gemeinderatswahlen einen eigenen Betreuer für die ÖVP-Bürgermeister im Land in sein Büro. Für diese Neubesetzung fehlt jede Notwendigkeit, hier geht es augenscheinlich um parteipolitisches Kalkül“, kritisiert Dornauer die „Machtversessenheit“ der ÖVP.

Die Spitze des Schwarzmander-Bauernbundes schien im medialen Getöse nicht auf. Der drahtziehende Unterläufel wurde auch nicht erwähnt. Seine Rolle wird erst durch die Briefe erhellt.

Die Einbindung zweier „unabhängigen Bürgermeister“ in das mediale Getöse ist als Feigenblatt zu sehen. Christian Härting ist politisch nicht gebunden, wurde jedoch bei der letzten Wahl laut TT von der ÖVP unterstützt: Freitag, 12.11.2021, 09:18, Telfs – Die Telfer ÖVP wird bei der Gemeinderatswahl 2022 BM Christian Härting und dessen Liste „Wir für Telfs“ (WFT) unterstützen. Dies habe der Ortsparteivorstand einstimmig beschlossen, gab VP-Obmann Hans Ortner nach der Sitzung am Mittwochabend bekannt. Thomas Öfner von der Liste Für Zirl (SPÖ und Parteifreie) wurde in der ersten Phase als bemühter Aufklärer und Sesselkleber dargestellt. Er wurde dann offensichtlich von seinen Parteigenossen zurückgepfiffen. Er hat sich wohl in die falsche Gesellschaft begeben.

Auffallend ist auch, dass sich die Berichterstattung nach erfolgreicher Skandalisierung mehr auf die Chefradaktion verlegt hat.


Von: Alois Rathgeb < a.rathgeb@gemnova.at>
Gesendet: Samstag, 23. September 2023 3:12
An: anton.mattle@tirol.gv.. bei < anton.mattle@tirol.gv.at>; Anton Mattle ( buero.landeshauptmann@tirol.gv.at) < buero.landeshauptmann@tirol.gv.at>; Magnus Gratl ( magnus.gratl@tirol.gv.at) < magnus.gratl@tirol.gv.at>
Betreff: Jetzt habt Ihr es geschafft….

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, werter Toni! Hallo Magnus!

… was Ihr jetzt geschafft habt? Ihr habt es doch glatt geschafft, die GemNova hinzurichten. 13 Jahre Aufbauarbeit zum Nutzen der Gemeinden und des Landes Tirol kaputt zu machen. Einen starken Partner der Tiroler Gemeinden kaltzustellen. Einen Millionenschaden mit zu verursachen. Die Gemeinden ohne Lösung dastehen zu lassen.. Ernst Schöpf loszuwerden. Mich persönlich und finanziell zu ruinieren. Natürlich wart Ihr nicht allein, es gab noch zahlreiche Andere. An vorderster Front natürlich Härting. Aber entweder habt Ihr das Momentum genutzt, das Euch geboten wurde oder Ihr habt das strategisch so geplant. Dass man nur Randfigur war, wie im Profil-Artikel zu lesen ist, dürfte Eurer Rolle in der Causa jedoch nicht gerecht werden.

Dabei kann ich mich gut an 2010 erinnern, als Du, Toni, beim einstimmigen Beschluss zur Basisfinanzierung von jährlich Euro 410.000,– mitgestimmt hast (und nie umgesetzt hast). Ich kann mich noch gut erinnern, wie wir vor den Wahlen über eine Bürgerservice-Plattform geredet haben, über Regionale Servicecenter uvm. Teilweise haben diese Projekte sogar Einzug in das Regierungsprogramm gefunden (wer Euch das jetzt umsetzt, bin ich gespannt. Die Kufgem würde sich sicherlich freuen). Ja, wir hatten gemeinsame Pläne, die Gemeinden weiterzuentwickeln, die Gemeinden weiter zu entlasten, die Servicequalität zu steigern. Ja, wir hatten Pläne, um Zwangsfusionen zu vermeiden. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Du am 27.01.2023 zu Ernst noch gesagt hast, er dürfe nicht zurücktreten, er sei Dein Präsident und Du bräuchtest genau ihn. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Du am 30.03.2023 noch gesagt hast, man müsse mich schützen. Ich kann mich auch erinnern, dass Du mehrmals gesagt hast, dass man die GemNova nicht in Insolvenz schicken wird, weil sie wichtig für die Gemeinden ist (in den Medien und auch in der Landtagsdebatte).

Ich kann mich aber auch daran erinnern, wie Ihr, gegen alle Warnungen von Fachleuten, die Insolvenz beschlossen habt. Ich kann mich auch daran erinnern, dass Ihr alle positiven Zahlen der GemNova – geprüft durch WP Mag. Johannes Marsoner, in den Wind geschlagen habt. Ich kann mich auch daran erinnern, dass Magnus bereits im Jänner zu Bürgermeistern gesagt hat, dass ich sowieso weg muss. Ich kann mich daran erinnern, wie Ihr gegen jede Logik für den 10.07.2023 ein 90 % Quorum verlangt habt und damit den endgültigen Untergang besiegelt habt (und das Quorum damit argumentiert habt, dass die Banken das verlangen, was nicht stimmt). Ich kann mich auch daran erinnern, dass Ihr das Schreiben des ÖGB im Zusammenhang mit dem BP massiv dramatisiert habt und dass Ihr die ganzen Stellungnahmen von unserem Fachanwalt in keinster Weise gewürdigt habt. Ich weiß aber auch, dass die neue Gesellschaft alles gleich macht wie die Bildungspool und ich weiß auch, dass die Lohnverrechnung (weit jenseits der Direktvergabe) ohne Ausschreibung an zwei ÖVP-Freunde vergeben wurde.

Wie kann man es zulassen, dass man Unternehmen, welche nach schwierigen Corona-Jahren und dadurch aufgelaufenen Verlusten, einfach so den Bach runterschickt? Wie kann man Unternehmen, die sich seit September 2021 neu aufgestellt haben, Restrukturierung betrieben haben und damit seit 2023 deutlich positiv wirtschaften, einfach in den Konkurs treiben? Wie kann man Unternehmen, die den Gemeinden in den letzten Jahren Millionenbeträge gespart haben, zerstören? Wie kann man Unternehmen, die vielfach dem Land Tirol in Notsituationen (TSD, Tirol impft, Sommerschule, Admin. Assistenzkräfte, Aktion 20.000) geholfen haben, einfach so schließen? Und schlussendlich: wie kann man die teuerste Variante nehmen? Bis 17.4.2023 (Insolvenzantrag) wäre es noch mit 1,5 Mio. vom Land und 1 Mio. vom Verband gegangen, bis 10.7.2023 wäre es noch mit ca. 4 Mio. gegangen. Aber nein, man nimmt ein Millionengrab in Kauf um? Um was zu erreichen?

Es ist entweder Inkompetenz (was ich nicht glaube) oder einfach beinhartes Kalkül. Um sich einen unangenehmen Lästling vom Hals zu schaffen? Um einen starken Vertreter für Tirols Gemeinden unschädlich zu machen? Um Unternehmen zu unterstützen, die nicht mehr so viel Geld mit Gemeinden machen konnten? Um Menschen, die keine ÖVP-Hörigkeit haben zu ersetzen? Um einem politischen Irrläufer Karrierechancen zu eröffnen? Vermutlich wird es eine Mischung aus allem sein.

Was mich als Bürger schockiert, ist auch, wie Ihr die öffentliche Meinung in Zusammenarbeit mit den Medien beeinflusst. Nach der Methode „Ich geb‘ Dir, Du gibst mir“ – wie das läuft, hat mir Magnus mal beschrieben, als wäre das daily business – werden die Medien gesteuert, damit sie nur das schreiben, was einem genehm ist. Was für ein Demokratieverständnis ist das denn bitte? Aber klar, nach Machiavelli-Art muss man anfangs gleich den Gegner denunzieren, damit er unglaubwürdig wird. Eine bewährte Strategie, die man vor allem den Rechten zuschreibt, jetzt aber offenbar auch in der sogenannten Mitte angekommen ist. Das ist gelungen und Ihr habt es gut geschafft, einen (oder zwei) Schuldige zu finden. Das predigt ja selbst der neue Präsident bei jeder Gelegenheit. Das ist das Denken des einfachen Mannes, bei dem kommt das an. Es ist sogar gelungen, jeden, der sich positiv zu uns geäußert hat, in Frage zu stellen. WP Mag. Johannes Marsoner oder auch RA Dr. Christian Winder. Klar, die beiden haben sich wirklich mit GemNova beschäftigt und sind in die Tiefe der Zahlen und des Unternehmens gegangen. Die Zerstörer wissen bis heute nicht, was GemNova eigentlich ist und tut und kennen die Zahlen nur oberflächlich. Und dort findet sich (leider) die Bestätigung dessen, was Ernst und ich schon lange sagen: Unterkapitalisierung, Aufbauarbeit benötigt Geld, mit 2,5 Mio. wäre man ausgekommen, laufende Zahlen sehr gut (bis Ende Mai haben alle Firmen gemeinsam ein EBITDA von deutlich über einer Million Euro erwirtschaftet) und man hätte mit guten Eigentümern das Thema sogar aus eigener Kraft lösen können uvm. Aber das zerstört die Story, das darf einfach nicht sein und ja nicht in den Medien aufscheinen. Chapeau!

Die Worte des Masseverwalters schwingen weiterhin in meinen Ohren: „Es ist mir unverständlich, wie man sehenden Auges einen Totalschaden verursachen kann.“ In den letzten Wochen durfte ich auch mit anderen hohen Gemeindevertretern aus anderen Bundesländern reden. Der allgemeine Tenor ist: „Sind die Tiroler komplett durchgeknallt? Wir haben immer neidisch nach Tirol geschaut, das war ein Musterprojekt für alle. Und zu meinen, dass das ohne eine Finanzierung geht, ist schon sehr blauäugig und zeugt nicht wirklich von Weitsicht.“ Die haben alle erkannt, um was es ging: Politik. Miese Politik.

Und wenn Ihr nun wirklich davon ausgeht, dass das Kapitel GemNova vorbei ist (so hast Du, Toni, das ja bereits am 10. Juli gesagt), dann vermute ich, dass Ihr Euch damit täuscht. Das Kapitel ist noch lange nicht geschlossen, jetzt geht es erst zur Sache. Vor Gericht werden dann auch unsere Stimmen endlich gehört werden und es wird die andere Seite der Story Gehör finden, auch wenn die mediale Kontrolle vermutlich weiterhin funktionieren wird. Es werden noch viele unangenehme Dinge ans Tageslicht kommen und es werden noch Millionenforderungen kommen. Dazu nur ein kleines Beispiel: Niemand hat dem TGV und Euch gesagt, dass im Konkursfall die Mitarbeiter*innen noch bis zu drei Monate ihr Gehalt vom IAF bekommen, dieser das dann natürlich in die Masse bringt. Bei 1,5 Mio. monatlichen Gehaltskosten kann man sich ein Bild davon machen, was allein daraus noch zu erwarten ist. Natürlich wird das medial wiederum uns die Schuhe geschoben, was anderes erwarte ich mir nicht. Vermutlich wird die Rolle von bestimmten Präsidiumsmitgliedern und Vorstandsmitgliedern genau unter die Lupe genommen und es wird auch die Rolle des Landes Tirol hinterleuchtet werden.

Dabei sind die Langzeitfolgen noch viel schwerwiegender. Die Banken kalkulieren bei Neukrediten bereits mit Risikoaufschlägen. Daran wird der persönliche Anruf nichts ändern. Die Gemeinden stehen vor riesigen Herausforderungen und haben jetzt niemanden mehr, der sie unterstützen kann. Andere Bundesländer, aber auch andere Länder bauen an ihrer eigenen GemNova, Tirol meint ja einhellig, man braucht so etwas nicht. Die Zukunft wird zeigen, ob das eine politisch kluge Entscheidung war.

Meine Zukunft ist gewiss, ich werde finanziell den Bach hinunter gehen. Das hat aber auch etwas Befreiendes für mich. Ich kann alles sagen, was ich weiß. Ich kann sehr aktiv zur Aufklärung, die sich ja alle wünschen, beitragen. Ich bin niemandem verpflichtet, außer der Wahrheit. Ich kann mein ganzes Wissen dazu, ich kann meine Zusammenhänge und Interpretationen offen erklären, auch wenn sie vielleicht nicht immer rechtlich gewürdigt werden. Ich kann das jeder und jedem erzählen, die meine Sicht der Dinge hören will, und das tue ich auch, weil es doch tatsächlich Menschen gibt, denen das alles suspekt erscheint, was hier passiert ist und was die Medien berichten. Es gibt genügend Menschen, die komplexe Zusammenhänge erfassen können und erkennen, wie schon oben beschrieben, welch mieses Spiel hier getrieben wurde.

Was mir aber für mich das Wichtigste ist: Ich werde weiterhin aufrecht gehen, ich werde mich weiterhin nicht arrangieren (damit hätte ich mir viel Ärger sparen können) und ich werde weiterhin alles ansprechen, von dem ich der Meinung bin, dass es falsch ist. Ich schäme mich nicht, für das was ich getan habe, ich bin stolz auf das Erreichte. In einem Land, in dem es nicht um die Sache, sondern nur um die Partei und die Macht geht, ist das auch wichtig. In einer Zeit, in der nur mit Schlagzeilen, schönen Bildern und Videos die Öffentlichkeit beeinflusst wird, ist das notwendig. Das brauche ich aber auch, damit ich mich jeden Tag im Spiegel anschauen kann und mir dabei nicht schlecht wird. Ich wurde zu Ehrlichkeit, aufrechtem Gang, eingestehen von Fehlern (derer habe ich genügend gemacht), Akzeptanz von und Offenheit gegenüber anderen Meinungen und Zugängen, erzogen.

Und noch was zum Schluss: ich bin kein enttäuschter, zorniger Mann. Ich bin Realist und akzeptiere Entscheidungen, so dumm sie auch sein mögen. Das ist politische Realität und in vielen anderen Themen läuft es nicht anders. Ich fühle mich eher befreit und kann mich künftig mit Menschen beschäftigen, die wirklich einen Beitrag leisten möchten, bei denen es wirklich um die Sache geht und die Entscheidungen auf Wissen, Vernunft und guten Überlegungen treffen.

Damit verabschiede ich mich vorläufig von Euch, vermutlich werden wir uns das nächste Mal vor Gericht sehen. Ich wünsche Euch ein glücklicheres Händchen bei Euren anderen Themen und kann nur hoffen, dass Ihr für Euch die Causa GemNova ehrlich und offen reflektiert.

Gruß

Alois Rathgeb

P.S.: Dass Du, Magnus, in der Sache eine zentrale Rolle gegen die GemNova und gegen mich eingenommen hast, ist für mich und andere zwischenzeitlich vollkommen klar. Dass Du im Hintergrund mit den Zerstörern kollaboriert hast, ist naheliegend und aus den Gesprächsprotokollen und Medienmeldungen erkennbar. Dabei habe ich Dich in die GemNova geholt, das war Dein Sprungbrett für den Sekretärs-Job im Land. Als Du bei GemNova gearbeitet hast, warst Du ein großer Verfechter der Idee, der Projekte. Du hast Dich oftmals in Gesprächen verärgert über die Nicht-Finanzierung geäußert. Dein anderer Sekretärs-Kollege übrigens noch viel intensiver. Aber Disziplinen wie Dankbarkeit, Verbundenheit, Ehrlichkeit und Solidarität haben in der Politik keinen Stellenwert. Es gilt ideologiebefreit, die Partei zu unterstützen, bis hin zur blinden Gefolgschaft von Demagogen und Populisten, wie Eurer gescheiterter Jungstar Kurz.


Schöpf Ernst / Gemeinde Sölden
Gesendet: Freitag, 20. Oktober 2023 10:27
Anbuergermeister@fuegen.tirol.gv.at
Betreff: schöpfblog

Sehr geehrter Herr Kollege, lieber Dominik!

Ich habe zufällig Dein Post auf der Seite des „schöpfblog“ im Zusammenhang mit der GemNova gelesen und bin über Deine einfache Erklärung sehr erstaunt. Und dies aus mehreren Gründen:

– Die Grundidee war von Beginn an, Service- und Dienstleistungen für Gemeinden zu bieten. Du weißt genauso gut wie ich und die meisten unserer Kolleg*innen, dass die kleinen und vielfach auch schon die mittleren Gemeinden selbst nicht mehr in der Lage sind, alle Leistungen der Gemeinde zeitlich und fachlich (gesetzeskonform) abzuwickeln. Genau zu diesem Zweck der Erbringung von Service- und Dienstleistungen für Gemeinden wurde die GemNova 2010 mit einem einstimmigen Vorstandsbeschluss gegründet. Dies ist auch im Gesellschaftsvertrag zu lesen und ich gehe davon aus, dass dieser bekannt ist.

– Wer hatte nun den Größenwahn und wie argumentierst Du den? 80 % des Umsatzes und 85 % des Personals waren in der Bildungspool beschäftigt. Ein Projekt im Auftrag des Landes Tirol und des TGV. Die Gründung wurde im Landtag diskutiert und beschlossen. Wer ist also größenwahnsinnig?

– Die Personalmanagement GmbH wurde im Auftrag des Landes und des TGV gegründet, um die Aktion 20.000 abzuwickeln (wobei die Gesellschaft schlussendlich auf mehreren 100 TS Euro sitzengeblieben ist, weil weder das Land noch die Gemeinden das Projekt ausfinanzieren wollten).

– In Eurem Regierungsprogramm auf Seite 40 findet man den Satz: „Die Tiroler Gemeinden in der Einrichtung und Umsetzung von digitalen Informations- und Kommunikationseinrichtungen unterstützen (Gemeindeserviceplattform, Förderung von Datenbereinigungs- und Datenmanagementsystemen, digitale Amtstafel, Gemeinde TV)“. Ich gehe davon aus, dass Du diesem Regierungsprogramm zugestimmt hast. Diese Aufgaben hätte die GemNova übernehmen sollen und dazu wurde z.B. die Filmfirma gegründet und auch viele Vorbereitungsmaßnahmen in anderen Bereichen getroffen, da das Unternehmen der hohen Politik ja vertraut hat (ein gewaltiger Irrtum, wie wir erkennen mussten). Das vorbereitete Papier von der GemNova wurde übrigens auch im TGV für gut befunden und gemeinsam mit den Forderungen des TGV an die neue Regierung geschickt, also kann man nicht sagen, das war Größenwahn der GemNova, sondern das war abgestimmt.

– Deine Sätze „Aber das, wie es letztlich geendet hat, war nicht mehr zu verantworten! Man hat es, einfach gesagt, heillos übertrieben. Und das Ergebnis nach 13 Jahren war nicht mehr zu retten“ sind für mich überhaupt äußerst sonderbar. Das letztliche Ende wurde nicht von GemNova herbeigeführt, sondern von den Gemeinden gemeinsam mit dem Land Tirol. Das ist die wahre Verantwortungslosigkeit, eigentlich ein Skandal. Die wirklichen Fachleute haben immer gesagt, dass das Unternehmen mit absolut überschaubaren Mitteln weiter funktionieren kann, das beweist auch die Tatsache, dass nach erfolgter Umstrukturierung seit 2021 im Jahr 2023 in allen Gesellschaften bis Mitte des Jahres deutlich positiv gewirtschaftet wurde und die mehrfach geprüften Prognosen gezeigt haben, dass die Verbindlichkeiten sogar aus eigener Kraft bedienbar gewesen sind.

– Und abschließend noch etwas: Fast alle Geschäftsbereiche werden mittlerweile von privaten Unternehmer*innen weitergeführt. Die tun das sicherlich nicht aus Jux und TollerEI, haben sie doch allesamt auch einiges dafür bezahlt. Die machen es, weil sie damit Erträge erwirtschaften können. Die Bildungspool hat sich das Land geschnappt (übrigens schuldenfrei und die Verbindlichkeiten werden die Gemeinden bezahlen, das ist gelebte Solidarität zwischen Land und Gemeinden) und macht es 1:1 gleich weiter wie bisher. Um es salopp zu sagen: so schlecht kann es nicht gelaufen sein, wenn sich für alle Geschäftsfelder jemand findet, der sie weiter betreibt.

Zu den Sitzungsabläufen (und es waren seit Jahresbeginn verdammt viele Sitzungen) und manchen Wortmeldungen der teilnehmenden Akteure habe ich mir Aktenvermerke gemacht. Es ist die Chronologie einer Sauerei. Hier ging es um Karrieremathematik (Härting lässt grüßen) und darum, mich (einen Unbequemen) loszuwerden. Dass ich beim mächtigsten Bund in der VP durch meine Bemühungen in der Gemeindegutsfrage eine „persona non grata“ bin, setze ich als bekannt voraus. Über die GemNova-Diskussion hat die Truppe aus der Brixnerstraße Morgenluft gewittert. Dass einer der an den Schalthebeln im Landeshauptmannbüro sitzt, war für die Erreichung des angestrebten Zieles zweifellos günstig. Zu diesen genannten Zwecken die eigene Firma an die Wand zu fahren, ist jedoch eine Ungeheuerlichkeit der Extraklasse.

Wenn ich auf meine Präsidentenzeit zurückblicke, muss ich abschließend feststellen, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf den Abgeordnetenbänken des Landtages für die Tiroler Kommunen überschaubar hilfreich waren. Zumal dann, wenn sich Dinge zugespitzt haben. Das war in der Gemeindegutsfrage so und so war es auch in der Causa GemNova. Es geht um das eigene politische „Leiberl“ und damit unterwirft man sich dem Clubkadavergehorsam.

Ich grüße aus dem Ötztal,

Mag. Ernst Schöpf

Gemeindeamt Sölden

Bürgermeister

Gemeindestraße 1

A-6450 SÖLDEN