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So geht DESINFORMATION: TT und ORF

TT - Desinformation durch "Verschwurbelung"

Aktualisierung 05 07 2024

"Agrar-Causa wieder aufgerollt: Behörde steht im Schussfeld" 

"Verein "Gemeindeland in Gemeindehand" fordert Rückabwicklungsgesetz von Landesregierung ein. LHStv. Geisler sieht Vorwürfe als haltlos an. ...

Es ist nichts weniger als der Vorwurf des "Amtsmissbrauchs", der bei der gestrigen Pressekonferenz von den Vortragenden gleich mehrmals in den Mund genommen wird. Gemeint ist damit die Agrarbehörde des Landes. …

Im Kern stützen sich die erhobenen Vorwürfe auf eine im Jahr 2019 ergangene Anfragebeantwortung an die Liste Fritz durch LHStv. Josef Geisler (Vizepräsident). Neueste Erkenntnisse und auch Buchrecherchen des ehemaligen Mieminger Gemeinderates Ulrich Stern ließen die damals kolportierten Zahlen und die damaligen Auskünfte der Agrarbehörde in neuem Licht erscheinen, heißt es. …“

Hier irrt der Redakteur. Der Kern ist der Vorwurf an die Agrarbehörde, in Missachtung des Art. 18 der Verfassung, über ein Dreivierteljahrhundert lang ein erfundenes Scheinrecht in Ausübung ihres Amtes angewendet zu haben. Die Entziehung des Gemeindeeigentums unter Vortäuschung der Rechtmäßigkeit ist nicht nur rechts- und verfassungswidrig, es liegt auch Amtsmissbrauch vor. Es geht um ein andauerndes grundrechtliches Fehlverhalten einer Behörde, das durch aktuelle Anwendung des Scheinrechtes wieder sichtbar wurde. Fehlerhafte Auskünfte mit unrichtigen Zahlen sind nur eine Folgeerscheinung.

Man beachte den Unterschied.

Diese Sachlage wird im Buch "Die Täuschung Tirols" von Ulrich Stern ausführlich belegt. Das Buch liegt der Redaktion der TT vor. Der Inhalt ist im Titel leicht verständlich zusammengefasst. Die Formulierung "Neueste Erkenntnisse und auch Buchrecherchen" ist daher als Ersatz für die Nennung des Buch-Titels zu verstehen.

"Und das ist auch die Forderung, die gestern ans Land ging: anstelle des Agrargesetzes ein "Rückübertragungsgesetz" zu schaffen. Das wiederum kommt Geisler nicht in den Sinn: "Bereits im ersten Erkenntnis zu Mieders im Jahr 2008 hat der Verfassungsgerichtshof eine Übertragung des Grundeigentums als verfassungswidrig ausgeschlossen." Die Gemeinden hätten bereits "vollen Zugriff auf die agrargemeinschaftlichen Grundstücke sowie deren Vermögen. Geisler: "Für die Gemeinden passt das." Den Amtsmissbrauchs-Vorwurf weist er zurück. Der Rest sei nichts als "Theaterdonner"."

Die Forderung nach Rückübertragung ergibt sich aus dem einfachen, moralischen Grundsatz: "Was mir nicht gehört, muss ich zurückgeben". Das kann nur der Landesgesetzgeber gesetzlich bestimmen. Gemeinden als Einzelakteure wären mit hunderten Verfahren überfordert. Zudem ist den meisten Bürgermeistern das agrarische Hemd näher als der Rock des Rechtsstaates: "Für die Gemeinden passt das". Die gesetzliche Rückübertragung ist die einzig mögliche Richtigstellung des höchstgerichtlich festgestellten Vermögensdeliktes. Die Behauptung Geislers ist bestenfalls ein agrarpolitischer Stammtischmythos.

Durch die Gegenüberstellung mit der häufig wiederholten Unwahrheit der Verfassungswidrigkeit der Rückübertragung erhält der obige Bericht ein besonderes "G'schmackl".

Die rechtliche Realität spricht Kienberger in "Das Gemeindegut als Verfassungsproblem", Seite 48 ff, aus: "Nur die Rückführung auch des formalen Eigentums an jene Gemeinden, denen es entzogen wurde, ist eine verfassungskonforme Lösung." Die Lektüre sei unter dem Motto "audiatur et altera pars" der Redaktion empfohlen.

Insgesamt wurde ein schwerwiegendes rechtsstaatliches Problem mit einem agrarischen Stammtischmythos verschwurbelt und schließlich als "Theaterdonner" herabgewürdigt. Ein rechtlich fundierter Beitrag zur Aufklärung der Täuschung Tirols ist von der TT auch im kommenden Dreivierteljahrhundert nicht zu erwarten, eher das Gegenteil.

Der zum Artikel verfasste Leserbrief von Dr. Günther Hye passt wegen ausgewiesener Sachkenntnis nicht zur redaktionellen Verschwurbelungs-Technik. Er wurde daher nicht veröffentlicht. Dies sei hier nachgeholt:

Es ist schlicht die Unwahrheit, wenn LHStv. Geisler behauptet: "Bereits im ersten Erkenntnis zu Mieders im Jahr 2008 hat der Verfassungsgerichtshof eine Übertragung des Grundeigentums als verfassungswidrig ausgeschlossen." Diese Frage wurde noch nie an den VfGH herangetragen.

Tatsache ist vielmehr, dass die ÖVP im Jahre 2013 die Beschlussfassung eines Gemeindeguts-Rückübertragungsgesetzes mit allen möglichen Geschäftsordnungstricks verhindert hat, obwohl es dafür im Landtag eine Mehrheit von 20:16 gegen die ÖVP gegeben hat. Weiters ist festzuhalten, dass damals der BKA-Verfassungsdienst in der vom Landtag eingeholten Expertise ausgeführt hat: "Nach Ansicht des Bundeskanzleramtes – Verfassungsdienst ist eine derartige Vorgangsweise grundsätzlich möglich. /..../ Die vorgesehene Rückübertragung atypischen Gemeindeguts in das Alleineigentum der Gemeinde ist geeignet, einen jahrzehntelangen Konflikt zu bereinigen, und liegt damit im öffentlichen Interesse." Zu diesem Ergebnis kommt auch der verstorbene HR Dr. Heinrich Kienberger, ehemaliges Mitglied des Verfassungsgerichtshofes und Vorstand der Abt. Verfassungsdienst im Tiroler Landhaus, in seinem Buch "Das Gemeindegut als Verfassungsproblem - Ein verfassungswidriger Rechtszustand als Folge der Aufrechterhaltung einer gesetzlosen Eigentumsentziehung?"

Es ist auch unrichtig, wenn LHStv. Geisler meint, die Gemeinden hätten bereits "vollen Zugriff auf die agrargemeinschaftlichen Grundstücke sowie deren Vermögen". Das Eigentumsrecht ist dadurch charakterisiert, dass der Eigentümer eine umfassende Dispositionsbefugnis hat (§ 354 ABGB: Als ein Recht betrachtet, ist Eigenthum das Vermögen, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Andern davon auszuschließen.). Davon kann beim "offenkundig verfassungswidrig" (©VfGH 2008) entzogenen Gemeindegut bis heute nicht die Rede sein, weil die Agrarier jede Verfügung der Gemeinde blockieren können und es immer wieder zu zermürbenden Verfahren vor der Agrarbehörde kommt, wie Bürgermeister Peer aus Mutters aus eigener Erfahrung schildert.

Alles das weiß man selbstverständlich auch in der Mattle-ÖVP, die sich sonst immer gerne als Partei der Bürgermeister und als Schutzpatron der Eigentümer präsentiert. Aber im Zweifelsfall ist dann doch das Hemd näher als der Rock. Daher ist nicht davon auszugehen, dass es bald zu einer gesetzlichen Rückübertragung des Gemeindeguts (Grundstücke und Wälder in der Größenordnung von nahezu 3.500 km², insgesamt mehr als ein Viertel Tirols!) kommt, das den Gemeinden weggenommen wurde. Schließlich stehen die Nationalratswahlen an und die Bauern sind eh schon beleidigt wegen dem EU-Renaturierungsgesetz.

Mit freundlichen Grüßen! Dr. Günther Hye

ORF - Desinformation durch Verschweigen

Trotz umfangreicher Aufzeichnungen wurde im Tirol-Heute-Beitrag der Teil mit dem Buch "Die Täuschung Tirols" nicht gesendet.