Gemeinderechtliche Zäsur als Auslöser
Die Auflösung der Gemeindeteile durch die NS-Gemeindeordnung im Jahre 1938 wurde nach 1945 durch die Überleitungsgesetze in die Rechtsordnung der Republik übernommen. Sie war eine gemeinderechtliche Zäsur, die nicht nur zur Übertragung des Fraktionsgutes an die Nutzungsberechtigten, sondern vor
allem zur agrarischen Machtergreifung benutzt wurde. Ihr Ausmaß ist am Ergebnis zu ermessen, insbesondere noch nach 80 Jahren.
Wer das Land hat, hat die Macht. Nicht nur das, er hat auch den Ertrag. Es war ein friedlicher „Agrarputsch“ gegen den bestehenden Rechtsstaat. Die Bürger wurden getäuscht. Dem Leitgedanken der Machtergreifung folgend, wurde das Eigentumsrecht großer Teile des Gemeindevermögens rechts- und verfassungswidrig auf neu gegründete Agrargemeinschaften übertragen. Womit die Zuständigkeit der Agrarbehörde und des TFLG gegeben war. Unter dem Vorwand der Selbstverwaltung[1] wurde ein Staat im Staate errichtet. Damit war die Notwendigkeit verbunden, die vorgetäuschte Rechtmäßigkeit der Eigentumsübertragung begründen zu können. Dies setzte Begleitmaßnahmen voraus: Das TFLG wurde mit Novellen angepasst. Regeln wurden erfunden. Der Grundbuchsstand des Eigentums der Gemeinden wurde umgedeutet, als falsch oder zumindest fehlerhaft dargestellt. Die Grundbuch-Anlegungsgesetze wurden grundsätzlich verschwiegen bzw. in „wissenschaftlicher“ Literatur sinnverändernd verkürzt wiedergegeben. Dieses Bündel an Begleitmaßnahmen wird in den nachfolgenden Kapiteln detailliert aufgezeigt und durch Beispiele verdeutlicht.
Illustration: Sebastian Brant’s Narrenschiff.
Das Grundbuch
1. Kapitel: Öffentliches Hauptverzeichnis der Justiz
Das Grundbuch ist das zentrale Verzeichnis der Justiz über Grund und Boden der Republik Österreich, über alle Liegenschaften und der damit verbundenen Rechte. Seine Einführung wurde vom Reichsrat der k.k. Monarchie mit dem aGG, dem allgemeinen Grundbuchsgesetz von 1871, beschlossen. Mit der Ausführung wurde das Ministerium für Justiz beauftragt. Das Grundbuch entstand auf der Grundlage der Ausführungsgesetze der einzelnen Kronländer und den von den Ministerien der Justiz, der Finanzen und der Landwirtschaft verfassten Ausführungsverordnungen. Seine Aufzeichnungen sind öffentlich und für alle Behörden und Institutionen der Republik als alleinige Datenquelle verbindlicher Rechtsbestand. Aufbau und Führung wurden über die Grenzen hinaus als vorbildlich angesehen.
Ausschließlich bestehende alte Rechte wurden übernommen
Alle bestehenden alten Rechte zu Grund und Boden wurden durch eine Kommission der Justiz erhoben und in das neue Ordnungssystem Grundbuch übertragen. Als Grundlage mussten vorab alle bei den Verfachbüchern, bei Gericht, Ämtern und Gemeinden vorhandenen schriftlichen Dokumente den Anlegungskommissionen beigestellt werden. Ebenso bedeutend, insbesondere für bäuerliche Rechte, war die „publicianische Erhebung“ ohne Dokumente, nur auf Grund von Aussagen der Beteiligten. Etwa 70% der Eigentumsrechte von bäuerlichem Gemeinschaftsgut wurden auf diese Weise erhoben. Alle Betroffenen wurden angehört und hatten zudem die Möglichkeit, beim Oberlandesgericht Einspruch zu erheben.
Als Erhebungsgerüst diente der Steuerkataster. Im ersten Erhebungsschritt der Anlegungskommissionen wurden die Grundbuchskörper den Katastralmappen des Steuerkatasters entsprechend verifiziert. Als nächstes wurden die geschlossenen Höfe mit allen Bestandteilen und bestehenden Rechten, das Eigentumsrecht und eventuell vorhandene Nutzungsrechte, erhoben und nach detaillierten Regeln und Normen einverleibt. Die Unterscheidung von Eigentumsrechten und Nutzungsrechten ist in der Vollzugsvorschrift § 34 (1) besonders hervorgehoben. Diese Rechte sind als Rechte eines geschlossenen Hofes definiert und konnten nach Anhörung der Betroffenen nur durch die mit bäuerlichen Interessensvertretern verstärkten Anlegungskommissionen beschlossen und einverleibt werden.
GALG § 9 (3): „Bei Liegenschaften, deren Miteigenthumsanteile als Realrechte zu geschlossenen Höfen gehören, erfolgt die Eintragung des Eigenthums zu Gunsten der jeweiligen, namentlich nicht zu bezeichnenden Eigenthümer der betreffenden Höfe.“
GALG § 24 (2): „Als Bestandtheile des geschlossenen Hofes sind ferner … insbesondere Weide-, Holzungs- und Wasserrechte an Gemeindegrundstücken oder an anderen fremden oder gemeinschaftlichen Grundstücken anzusehen.“
GALG AV § 34 (1): „Zwischen den Nutzungsrechten am Gemeindegute und den Eigenthumsrechten ist sorgfältig zu unterscheiden.“
GALG AV § 34 (3): Die hinsichtlich gewisser Liegenschaften(namentlich Alpen) von altersher bestehenden oder aus Anlass der Grundlastenablöse begründeten Eigentumsgemeinschaften (Classenvermögen) werden sich zumeist als Miteigenthumsverhältnis darstellen, worauf die Bestimmung des § 9 Abs. 3 G.A.L.G. Anwendung findet.
GALG AV § 34 (4): „Betreff des Miteigenthumsrechtes ist jedoch zu beachten, dass dasselbe nur eingetragen werden kann, wenn sich die Quoten jedes einzelnen Eigenthümers ermitteln lassen, weil nach § 10 des all. Grundbuchgesetzes das Miteigenthum an Liegenschaften – mit Ausnahme der materiell getheilten Gebäude – nur nach im Verhältnisse zum Ganzen bestimmten Antheilen eingetragen werden kann, und daher die Eintragung von Miteigenthumsrechten ohne Bestimmung der Quoten rechtlich unmöglich ist.“
Dazu GALG AV § 34 (6) als gesetzliche Ausnahmeregelung: „Sobald sich die Quoten des Miteigenthumsrechtes nicht bestimmen lassen, insbesondere in dem Falle, dass jeder berechtigte Hof nur nach Maßgabe seines wirtschaftlichen Bedürfnisses nutzungsberechtigt ist, muss das Eigenthumsrecht für eine juristische Person, z.B. die Nachbarschaft N., bestehend aus diesen und jenen bestimmt anzuführenden geschlossenen Höfen, eingetragen werden.“
2. Kapitel: Gemeinschaftliche Nutzung von Grund und Boden
Die gemeinschaftliche Nutzung von Grund und Boden, seit alters her geübt, konnte in zwei grundsätzlichen Rechtsformen abgebildet werden:
Nutzung im Miteigentum
Privates, gemeinschaftliches Miteigentum[2] beinhaltet für jeden Miteigentümer alle Rechte, Nutzungsrechte wurden daher nicht gesondert angeführt. Es entsteht zwangsläufig eine „Miteigentumsgemeinschaft“, die damit auch eine Nutzergemeinschaft ist.
Gemeinschaftseigentum, wie z.B. die „… Nachbarschaft Winkl, agrarische Gemeinschaft der Gemeinde Kartitsch, bestehend aus den jeweiligen Eigentümern …“ ist nicht durch den gesetzwidrigen Zusatz zur Eigentümerbezeichnung definiert, sondern ausschließlich durch die zwingende Anführung der Einlagezahlen der geschlossenen Höfe gemäß GALG AV § 34 (6).
Es wurde, sicher mit (spekulativer) Rücksicht auf das Tiroler Flurgesetz von 1909, die „Nachbarschaft Winkl“ mit dem Zusatz „agrarische Gemeinschaft der Gemeinde Kartitsch“ einverleibt. Die zusätzliche Qualifikation entsprach nicht den Anlegungsgesetzen, da damit kein dingliches Recht verbunden war. Sie ändert nichts an der gesetzlichen „conditio sine qua non“, der Anführung der Einlagezahlen der berechtigten Höfe. In den Gemeinden Kartitsch, Außervillgraten und Innervillgraten wurden rund zwei Dutzend dieser Qualifikationen ersichtlich gemacht. Spätere Kennzeichnungen sind nicht bekannt. Ein Veränderungsrecht der Agrarbehörde in Bezug auf die einverleibten Eigentumsdaten ist durch diese Form der Qualifikation der „Agrargemeinschaftlichkeit“ nicht gegeben.
Eigentumsgemeinschaften konnten nur als Miteigentum nach GALG § 34 (4) oder (6) mit der zwingenden Anführung der Einlagezahlen der berechtigten geschlossenen Höfe einverleibt werden. Fehlen die Einlagezahlen, dann liegt kein privates Miteigentum vor.
Nutzung durch Nutzungsrechte auf Gemeindeeigentum
Nutzung von Gemeindeeigentum[3] (Gemeindegut) oder dem Eigentum Dritter (Bundesforste, div. Großgrundbesitz) findet auf Grund von Nutzungsrechten statt. Nutzungsrechte auf dem Eigentum Dritter sind Bestandteile einzelner geschlossener Höfe. Die Erhebung und Einverleibung einer „Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten“ war in den Anlegungsgesetzen nicht vorgesehen und ist daher nicht ersichtlich[4].
Für das Eigentumsrecht von Gemeinden bzw. Gemeindeteilen gibt es keinerlei Definitionen einzelner Begriffe. Bezeichnungen von Rechten, Personen und Objecten sind grundlegend nach aGG und Vollzugsvorschrift an die gesetzlichen Bezeichnungen nach gerichtlichem Wortlaut gebunden. Mehrdeutigkeit und Interpretierbarkeit sind damit grundsätzlich ausgeschlossen.
Nutzungen an dem Gemeindegute waren nach der TGO § 63 (2) zu beurteilen. Nutzungsrechte als Privatrechte (Servitute) wurden beim Grundbuchskörper in das Lastenblatt und als Dienstbarkeiten eingetragen. Auch dadurch liegt die Qualifizierung als Gemeindegut vor. Der Bodenreform-Gesetzgeber konnte mit der Qualifikation „agrargemeinschaftlicher“ Grundstücke weder neue Normen für die bücherliche Darstellung von Gemeinschafts-Eigentum schaffen noch bestehende Normen verändern. Ausschließlich die bestehenden Intabulationsnormen der Anlegungsgesetze und die tatsächlich vorgenommenen Einverleibungen im Grundbuch haben daher für alle Rechtsfragen Gültigkeit.

Auf die einverleibten Nutzungsrechte wird in keinem der Verfahren eingegangen, obwohl sie ebenso aussagekräftig für das Vorliegen der behaupteten Alternativen sind. Es ist auszuschließen, dass für einen (!) Grundbuchskörper unter gleichem Namen (!) Eigentumsrecht und Nutzungsrecht eingetragen worden sind.
Die Zahlen aus den Erhebungen des Gemeindeverbandes belegen die Eigentumsrechte nach den beiden grundsätzlichen Möglichkeiten zum Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung. Im Eigentum einer Gemeinde standen 1510 Einlagezahlen, im Eigentum eines Gemeindeteiles 457, zusammen also 1967 EZl. In privatem, bäuerlichem Miteigentum mit Quoten standen 2121 EZl und im unquotierten privaten Gemeinschaftseigentum 219 EZl, zusammen sind also 2340 EZl ausgewiesen. Dazu kommen noch 19 EZl gemischtes Eigentum aus Gemeindeteilen, Miteigentum und einzelnen geschlossenen Höfen. Die Intabulationsnormen der Grundbuchsanlegung wurden 4326-fach exakt eingehalten. Die historisch gewachsene Struktur von Gemeindeeigentum mit Nutzungsrechten und Privateigentum wird im Grundbuch und in den Anlegungsgesetzen eindeutig und nachvollziehbar dargelegt.
Fazit: Die einzige rechts- und verfassungskonforme Quelle für Daten zu Grund und Boden und der damit verbundenen Rechte ist das Grundbuch mit den Normen der Anlegungsgesetze für die Einverleibung.
Die Machtergreifung
Nach 1945 ging es der Landespolitik und der Landesregierung sichtbar darum, die rechtliche Zuständigkeit über Teile des Gemeindevermögens von den Grundbuchsgerichten in die Agrarbehörde zu verlagern. Diese Zugriffsmöglichkeit wurde durch einen juristischen Taschenspielertrick erreicht. Nämlich, dass nicht die Eigentümer, Gemeinde/Gemeindeteil und auch Miteigentumsgemeinschaften, alleinige Parteistellung in etwaigen Rechtsfragen hatten, sondern, dass durch die Qualifikation der Grundbuchskörper als „agrargemeinschaftliche Grundstücke“ gemäß TFLG der Agrarbehörde das Recht gegeben wurde, auf Antrag einer Mehrheit von Nutzungsberechtigten festzustellen, wer Eigentümer dieser Grundstücke sei. Den Nutzungsberechtigten wurde damit indirekt Eigentümerrecht übertragen. Die Verfassungskonformität dieser Änderungen ist anzuzweifeln.
Siehe Kienberger, Das Gemeindegut als Verfassungsproblem, Kap. III, Das Gemeindegut als Gegenstand des Bodenreformrechtes, Seite 22:
„Der Bodenreformgesetzgeber hatte vielmehr von Verfassungs wegen darauf Bedacht zu nehmen, dass Eigentümerin des Gemeindegutes die Gemeinde und nicht die Gesamtheit der am Gemeindegut Nutzungsberechtigten ist, wie dies, – mit Ausnahme der im Eigentum der Gemeinde stehenden Teilwälder – bei anderen Arten agrargemeinschaftlicher Grundstücke der Fall ist.“
3. Kapitel – keine Einverleibung der Rechtsnachfolge im Grundbuch
Die Rechtsnachfolge der aufgelösten Gemeindeteile (Fraktionen) war mit den bestehenden politischen Gemeinden gesetzlich festgelegt, wurde jedoch in Tirol in den Grundbüchern nicht nachvollzogen. Die politische Absicht ist erkennbar: Nicht die Justiz, das Grundbuchsgericht, sollte die notwendigen Richtigstellungen durchführen, nein, die Agrarbehörde sollte die Sachverhalte neu feststellen. Dazu wurde nicht der Weg über den Landesgesetzgeber gewählt, sondern nach Muster Osttirol sollte die Agrarbehörde mit dem Bodenreformgesetz TFLG als Werkzeug aktiv werden.
Die in Folge der Auflösung der Gemeindeteile in den Grundbüchern notwendige Richtigstellung des Namens der Eigentümer durch die Justiz wurde in eine, von den Nutzungsberechtigten politisch begehrte, Eigentumsfeststellung durch die Agrarbehörde nach TFLG umfunktioniert. Was unmittelbar durch entsprechende Anträge mit Listen der Antragssteller gemäß den einverleibten Nutzungsrechten geschah. >>Zamserberg Instruktion, 75 Jahre Agrargemeinschaft Obermieming – Mieming Transparent
Das Eigentum der Gemeindeteile/Fraktionen wurde durch einen Rechtsakt der Republik in das Eigentum der Gemeinden übergeführt. Die einverleibten Nutzungsrechte wurden davon nicht berührt. Das Verfügungsrecht über das Fraktionsvermögen war gemäß TGO seit jeher ausschließlich der übergeordneten Gemeinde vorbehalten. Daher hätten nur die Namen der Eigentümer geändert werden müssen. Die Richtigstellung von Namen im Grundbuch ist eine ausschließlich justizinterne Angelegenheit. Es muss daher leider vermutet werden, dass eine Akkordierung zwischen Landespolitik und Justiz stattgefunden hat, denn auch 80 Jahre nach Inkrafttreten der Überleitungsgesetze sind die Namensänderungen nicht vollständig durchgeführt. Die Mehrzahl der Namensänderungen wurde dann in Folge der rechts- und verfassungswidrigen Eigentumsübertragungen an die Nutzungsberechtigten in eigens gegründeten Agrargemeinschaften durchgeführt. Der Name einer seit 1938 bzw. 1945 berechtigten Gemeinde stand in diesen Fällen nie im Grundbuch.
So erhält heute noch die Agrarabteilung des Landes die Möglichkeit, die Auskunft zu erteilen, dass „vormals keine Gemeindeeigentum“ bestanden hätte. Oder es kann die Agrarbehörde rechtswidrig behaupten, dass eine einverleibte Fraktion als eine unregulierte Agrargemeinschaft anzusehen sei.
4. Kapitel: Vorsätzliche Abwertung des Grundbuchs
Das Grundbuch hat ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal: Es ist seit seiner Einführung in der k.k. Monarchie die einzige öffentliche, rechts- und verfassungskonforme Quelle für Daten zu Grund und Boden und der damit verbundenen Rechte auf dem gesamten Staatsgebiet. Die Anlegungsgesetze mit den eindeutigen Normen der Einverleibung sind in der Praxis vorbildlich und für die Öffentlichkeit sichtbar umgesetzt worden.
Die Tiroler Landesregierung versucht nachweislich seit 1945 dieses Alleinstellungsmerkmal auf allem Ebenen und mit allen Mitteln[5] zu untergraben. Die geplante agrarrechtliche Machtübernahme mit dem TFLG 1952 und die damit verbundenen rechts- und verfassungswidrigen Eigentumsentziehungen sollten mit neu erfundenen Regeln den Anschein der Rechtmäßigkeit erhalten. Dazu zwei Beispiele:
Die Stellungnahme der Tiroler Landesregierung im Gesetzesprüfungsverfahren VfGH 1982:
„Bei der Grundbuchsanlegung wurde einmal die Gemeinde, dann wieder eine Nachbarschaft, eine Fraktion, eine Interessentschaft, die Katastralgemeinde oder die Berechtigten als Miteigentümer eingetragen. Es lag allein im Gutdünken des zuständigen Grundbuchsbeamten, welchen Ausdruck er verwendete.“
Der VfGH hat diese Stellungnahme zur Gänze verworfen. Die Behauptung des Gutdünkens[6] eines „Grundbuchsbeamten“ über die „Verwendung von Ausdrücken“ geht völlig ins Leere. Damit wird die Verwechselbarkeit und Unzuverlässigkeit der Grundbuchseintragungen unterstellt. Diese Behauptung ist, abgesehen von allen politischen Motiven, vor allem juristischer Unsinn. Sie wurde leider 30 Jahre später von Agrarbehörde und VwGH noch wiederholt.
Nicht Grundbuchsbeamte, sondern ausschließlich Anlegungskommissionen der Justiz unter der Leitung eines Richters, bei Aufsicht des OLG, entschieden über die einzuverleibenden Rechte. Bei bäuerlichem Eigentum bzw. Miteigentum musste nach GALG § 15 (6) ein Vertreter der Bezirksgenossenschaft der Landwirte beigezogen werden.
Gemeinde-/Fraktionseigentum ist durch die Verwendung der gesetzlichen Bezeichnungen eindeutig und ohne jeden Auslegungsspielraum beschrieben.
Gemeinschaftseigentum war ausschließlich nach GALG § 9 und Vollzugsvorschrift § 34 (4) oder (6) zu intabulieren.
Die Tiroler Landesregierung bestritt damit die Rechtmäßigkeit des Grundbuches wie auch die Existenz und die Anwendung der gesetzlichen Einverleibungsnormen, so wie 30 Jahre später. Nicht nur das, damit wird auch behauptet, dass die gesetzlich geregelten Erhebungen der alten Rechte aus allen verfügbaren Unterlagen und Dokumenten durch die Anlegungskommissionen der Justiz in der Mehrzahl[7] verfehlt gewesen seien. Eine Bezugnahme oder Erwähnung der Grundbuchanlegungsgesetze wird durchwegs vermieden.
Gutachten von Prof. Dr. Roman Sandgruber im Auftrag der Landesregierung:
Im Zuge der Diskussion über die Gemeindegutsenteignungen im Bezirk Lienz in der NS-Zeit wurde 2012 Prof. Dr. Roman Sandgruber, übrigens vom Landtagspräsidenten ausgewählt, beauftragt, ein Gutachten über diese agrarischen Operationen dieser Zeit zu erstellen. Ein Punkt betraf die Grundbuchsanlegung:
„ … Einen dritten Punkt bildet die Frage nach Art und Richtigkeit der Verbücherung von Gemeinschaftseigentum im Rahmen der Anlegung des Tiroler Grundbuchs im ausgehenden 19. Jahrhundert. …“
Als Grundlage für die Beurteilung von „Art und Richtigkeit“ wählte er nicht die Grundbuchanlegungsgesetze, sondern die oben dargelegte Stellungnahme des Landes Tirol an den VfGH und die Ausführungen von Kohl im Buch „Die Agrargemeinschaften in Tirol“ von Kohl, Oberhofer, Pernthaler. Er hat die dortigen Ausführungen unreflektiert wiederholt und verstärkt.
Es muss mit Nachdruck wiederholt werden: Privates Gemeinschaftseigentum ist ausschließlich nach GALG § 9 und Vollzugsvorschrift § 34 (3), (4) und (6) intabuliert. Gemeinde-/Fraktionseigentum ist durch die Verwendung der gesetzlichen Bezeichnungen eindeutig und ohne jeden Auslegungsspielraum beschrieben.
Man mag Sandgruber‘s Vermutungen noch hinnehmen, er sagt selbst, dass er kein Jurist sei. Jedoch Kohl ist Rechtshistoriker. Sein „In der Regel bedeutet ‚Fraktion‘ als Bezeichnung eines Eigentumsträgers nichts anderes als einen (der Erfassung von Gemeinschaftsliegenschaften dienenden) alternativen Begriff zu ‚Interessentschaft‘, ‚Nachbarschaft‘, ‚Katastralgemeinde‘ oder ‚Genossenschaft‘.“ unterstellt, dass die Grundbuchsanlegung ohne Vorgabe von Regeln und Normen, also gesetzlos, erfolgt sei. Sandgruber verstärkt diesen Unsinn. Die beiden Wissenschaftler äußern Meinungen und wollen die Anlegungsgesetze offenkundig nicht kennen und nicht zitieren. Wissenschaftliche Objektivität sieht anders aus.
5. Kapitel: Verschweigen und vernebeln der Anlegungsgesetze
Verschweigen
Dr. Heinrich Kienberger weist in seinem Buch „Das Gemeindegut als Verfassungsproblem“, Lexis Nexis, Kapitel IV, Seite 29, mit FN 75, klar auf das grundrechtswidrige Verhalten der Agrarbehörde hin,
„… hat die Agrarbehörde- darauf läuft ihre Vorgangsweise im Ergebnis hinaus – generell die Unrichtigkeit der Grundbuchseintragungen unterstellt …“.
Die unterschiedlichen Feststellungen in den Bescheiden der Behörde und des LAS sagen klar aus, dass das Grundbuch und die Anlegungsgesetze nicht zur Entscheidungsfindung in Eigentumsfragen herangezogen wurden.
Vernebeln: Tir FlVfLG statt Grundbuchanlegungsgesetze
Die Qualifikation von Grundbuchskörpern als „agrargemeinschaftliche Grundstücke“, eine nachträglich zugeordnete Eigenschaft, sollte der Agrarbehörde das Recht geben, die im Grundbuch einverleibten dinglichen Rechte des Eigentums und der Nutzung neu ordnen zu dürfen. Die Regeln dazu wurden durch das Flurverfassungsgesetz vorgegeben. Das sichtbare Ergebnis dieser „Neuordnung“ war die rechts- und verfassungswidrige Eigentumsübertragung an die bei dieser Gelegenheit gegründeten Agrargemeinschaften. Rechtmäßigkeit sollte vorgetäuscht werden. Teile des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes und des Tir. Flurverfassungslandesgesetzes sind 1982 vom VfGH als verfassungswidrig aufgehoben worden.
VfGH 1982 VSlg 9336, Seite 7
„Werden so Nutzungsrechte an fremder Sache nach ihrem Verhältnis in Anteile an der Substanz verwandelt, so ziehen sie auch den Wert der Substanz an sich. Damit scheint den Nutzungsberechtigten ein durch die bisherige Entwicklung des Rechtsinstituts nicht zu rechtfertigender Vorteil gegenüber anderen Gemeindebürgern eingeräumt zu werden. Dieser Erfolg tritt aber (wie … ausgeführt) offenbar nicht erst bei der Feststellung der Anteilsrechte zwecks Teilung oder Regulierung ein – die noch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist -, sondern schon bei der Feststellung, wer Eigentümer der Liegenschaften ist. Denn Eigentümer kann nur sein, wem überhaupt ein Anteil an der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft, welcher Größe auch immer, zusteht.“
Abgesehen von allen rechtlichen Überlegungen sagt der VfGH damit aus, dass Nutzungsrechte an fremder Sache der Feststellung, wer Eigentümer der Liegenschaften ist, bedürfen. Dies gilt allgemein, auch für agrargemeinschaftliche Liegenschaften. Bevor Nutzungsrechte an fremder Sache … in Anteile an der Substanz verwandelt können, müssen sie festgestellt werden.
Unabhängig davon, sind im TFLG keine geeigneten Normen zur Durchführung der nach VfGH notwendigen Feststellungen der dinglichen Rechte, Eigentumsrecht und Nutzungsrecht, enthalten. Im Gegensatz zum Grundbuch sind im TFLG weder die Grundbuchskörper als Basis noch irgendwelche Rechte amtlich verzeichnet. Behörden sind jedoch verpflichtet, auf der Grundlage von Gesetzen zu entscheiden.
Die, für den Bodenreformgesetzgeber[8] von Verfassungs wegen verpflichtende, Unterscheidung wurde im TFLG verwischt. Der Gesetzgeber in Angelegenheiten der Bodenrefom ist der Tiroler Landtag.
„Umschreibungen und Meinungen“ statt gesetzlichen Normen
Die Tiroler Agrarjuristen, die Agrarbehörde, haben die Systematik der Unterteilung von gemeinschaftlich genutzten Grundbuchskörpern in „Das einer Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten eigentümliche gemeinsame Gut“ und die Alternativen „Gemeindegut“ und lit. b – Qualifikationen erfunden.
VwGH Erkenntnis 2010/07/0091 Rechtssatz:
„Das Tir FlVfLG 1952 sah in seinem § 36 Abs 1 lit b als agrargemeinschaftliche Grundstücke ausdrücklich auch solche vor, die von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Ortsgemeinde (Ortschaft), eines oder mehrerer Gemeindeteile (Ortsteile), einer oder mehrerer Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitz verbundenen Mitgliedschaft oder von den Mitberechtigten an Wechsel- oder Wandelgründen gemeinschaftlich oder wechselweise benutzt werden. Damit wurde das gemeinsame Gut einer Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten, zB eines Ortsteils (einer Fraktion), auf dem die Nutzungsberechtigungen einzelner Stammsitzliegenschaften lasten, umschrieben. …“
VwGH Erkenntnis 2011/07/0129 Stammrechtssatz
„Mit der Qualifikation von Grundstücken als solche nach § 36 Abs 2 lit d Tir FlVfLG 1952 steht auch die Qualifikation als Gemeindegut nach den Gemeindeordnungen fest. Mit der Bestimmung des § 36 Abs 1 lit b Tir FlVfLG 1952 wird hingegen das gemeinsame Gut von Nutzungsberechtigten zB eines Ortsteiles (einer Fraktion), auf dem die Nutzungsberechtigungen einzelner Stammsitzliegenschaften lasten, umschrieben. Wird eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft als eine solche nach § 36 Abs 1 lit b Tir FlVfLG 1952 qualifiziert, so ist damit nicht das Gemeindegut der politischen Gemeinde sondern das Gut einer Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten gemeint (vgl. E 30. Juni 2011, 2010/07/0091).“
Eine neue Eigentumskategorie konnte dadurch nicht geschaffen werden, die Formulierung dient allein der Vernebelung. Der Unterschied zu den Anlegungsgesetzen beschreibt der VwGH selbst: Das Tir FlVfLG 1952 „umschreibt und meint“ und ist daher ohne Zusatzinformationen nicht in der Lage, das Eigentum von Gemeinden/Gemeindeteilen festzustellen.
Grundrecht wird mit Vermutungen und Rechtserfindung beurteilt
Das durch die Verfassung garantierte Grundrecht auf die Unverletzlichkeit des Eigentums unterliegt mit den durch das TFLG notwendigen „Umschreibungen und Meinungen“ der willkürlichen Beurteilung der Agrarbehörde auf der Grundlage ihrer nirgends verschriftlichen Rechtserfindung. Das Grundbuch und die Anlegungsgesetze werden vorsätzlich nicht erwähnt, da in diesen „Umschreibungen und Meinungen“ nicht möglich sind. Denn im Grundbuch sind alle Rechte zu allen Grundbuchskörpern des Landes durch die Justiz gerichtlich aufgezeichnet und die Anlegungsgesetze drücken mit Normen für alle möglichen Eigentumsformen die ersichtliche Einverleibung exakt aus. Es gibt keinen Deutungsspielraum. Den „Umschreibungen und Meinungen“ stehen die Behörden-Pflichten zur Objektivität und Anwendung aller denkbaren gesetzlichen Grundlagen gegenüber, die in diesem Fall missbräuchlich außer Acht gelassen wurden und werden. Den Gemeinden und ihren Bürgern wurde aus politischem Kalkül unermesslicher Schaden zugefügt. Diese Sachlage ist seit Beginn der rechts- und verfassungswidrigen Eigentumsentziehungen grundsätzlich bekannt. Konkret formuliert wurde sie zum ersten Mal von Ulrich Stern im Buch Die Täuschung Tirols, Ariadne Verlag 2024.
Der VwGH[9] beanstandet die offenkundig ungeeignete Systematik des TFLG nicht, er sieht seine Auslegung durch die Agrarbehörde als rechtskonform an. Er[10] legt die Wortfolge „Gut einer Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten“ gemäß den flurgesetzlichen Qualifikationen nach Tir FlVfLG 1952 so aus, wonach Fraktionen/Gemeindeteile, politische Verwaltungseinheiten nach Fraktionen Gesetz 1893, ebenfalls als Eigentümer-Nutzer-Gemeinschaften angesehen werden könnten. Dies ist gemäß den Grundbuch-Anlegungsgesetzen verfehlt. Der VwGh ist hier nicht ausreichend in die Tiefe gegangen und akzeptiert die Rechtserfindung der Agrarbehörde als rechtskonform.
Im strengen Wortsinn trifft diese Formulierung nur auf jenes Gemeindegut zu, das in atypischer Weise im Eigentum von Agrargemeinschaften steht, deren Mitglieder sich durch ein verbüchertes Nutzungsrecht ausgewiesen haben. Sie ist eine „Verständniskrücke“ für einen rechtswidrigen Zustand.
Ein Paradoxon ist die unterschiedliche Bewertung der dinglichen Rechte des Grundbuchs durch die Praxis der Agrarbehörde. Einerseits können Nutzungsberechtigten ihr Recht bei der Behörde nur durch das Grundbuch nachweisen, andrerseits werden von der Behörde über das gleichzeitig an der gleichen Stelle intabulierte Eigentumsrecht Vermutungen angestellt!!!
Grundsätzlich: Das Nutzungsrecht ist ein Recht auf dem Eigentum Dritter. Es ist nach den Grundbuch-Anlegungsgesetzen auszuschließen, dass für einen (!) Grundbuchskörper unter gleichem Namen (!) Eigentumsrecht und Nutzungsrecht eingetragen werden konnten. „Das gemeinsame Gut einer Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten, zB eines Ortsteils (einer Fraktion)“, kann es auch auf einem als „agrargemeinschaftlich“ qualifizierten Grundstück nicht geben. Eine Qualifizierung kann gerichtlich festgestellte dingliche Rechte von Eigentümern einerseits und Nutzungsberechtigten andrerseits nicht zusammenfassen.
Agrarrecht II von E.W. Lang – Rechtsliteratur zur Vernebelung
Eine besondere Art der Vernebelung praktiziert der Landesbeamte Univ. Doz. Dr. Eberhard W. Lang. Die in seinem Buch zitierten Gesetzestexte sind durch sinnverändernde Verkürzung verfälscht. Das ist eine eigene Qualität.
Seinem Werk[11] kommt die Bedeutung zu, vom VwGH als wissenschaftliche Rechtsmeinung zitiert worden zu sein. In Tiroler Agrarrecht II ist sein Versuch offenkundig, die eindeutigen gesetzlichen Normen der Grundbuchsanlegung zu verschweigen und die wenigen Gesetzes-Zitate grob sinnverändernd, verkürzt darzustellen. Sein von agrarnahen Institutionen gefördertes Werk steht im Gleichklang mit der Stellungnahme des Amtes der Tiroler Landesregierung im Verfahren VfSlg 9336/1982.
Der gesetzliche Auftrag an die Anlegungskommissionen, zwischen bloßen Nutzungsrechten am Gemeindegute und Eigenthumsrechten sorgfältig zu unterscheiden, wurde von ihm systematisch verwischt. Langs Darstellung mit der Mehrdeutigkeit und Verwechselbarkeit von Bezeichnungen, die wechselnde historische Interpretation des Fraktionsbegriffes, die Vermischung von Gemeinschaften, Nachbarschaften, Ortschaften ist nur dann denkmöglich, wenn die Grundbuch-Anlegungskommissionen die obigen klaren Normen missachtet hätten. Er stellt Bezeichnungen als grundsätzlich entscheidungsrelevant dar und versucht die bestehenden Regeln zielgerichtet zu verschleiern:
Lang verschweigt die fundamentalen Ausführungen in § 9 (2) und (3) der Vollzugsinstruktion des allgemeines Grundbuchsgesetzes 1871 über die gesetzlichen Bezeichnungen von Personen, Objecten und Rechten und über die Worte nach gerichtlichem Gebrauch ebenso wie die Normen zu bäuerlichem Gemeinschaftseigentum (Classenvermögen) als Miteigentum gemäß § 9 (3) Grundbuchsanlegung-Landesgesetz. Er verkürzt § 34 (4) und (6) der Vollzugsvorschrift genau um die „conditio sine qua non“ – die Anführung der berechtigten Höfe – dieser Bestimmungen.
Univ. Doz. Dr. Eberhard W. Lang war nie Leiter der Agrarbehörde und musste daher auch keinen einzigen Bescheid zum Gemeindegut bzw. seiner gesetzwidrigen Übertragungen verantworten. Sein wissenschaftlicher Beitrag[12] zu den rechtlichen Grundlagen im Agrarrecht ist unter diesem Aspekt zu beurteilen. Man kann davon ausgehen, dass er in seinem Buch ausschließlich eine politische Interessenslage abbildete.
6. Kapitel: Erfindung einer Rechtsfrage und neuer Rechtsnormen
Unbedingter politischer Wille, verbunden mit agrarischer Macht-Hybris, brachte es zu Wege, ein „Jahrhundertgesetz mit regionalen Folgegesetzen und allerhöchsten Verordnungen“ zu ignorieren, zu verleumden und zu verfälschen. Es wurde versucht, den Anschein der Rechtmäßigkeit durch Novellen zum TFLG herzustellen und aufrecht zu erhalten. Gründend auf der Behauptung „Die Fraktionen waren immer schon Eigentum der Nutzungsberechtigten“, wurde ein politischer motivierter Anspruch zur rechtlichen These erhoben[13]. Die Agrarbehördenleiter verbreiteten unmittelbar nach 1945 in Vorträgen auf österreichischen Fachtagungen diese These.
Rechtsfrage – agrarrechtlich oder gemeinderechtlich
Die Frage „Liegt beim Eigentum von Gemeindeteilen Gemeindeeigentum oder bäuerliches Gemeinschaftseigentum vor?“, seit 1847 längst widerlegt und mehrfach entschieden, wurde vorsätzlich neu erfunden und als ungelöste Rechtsfrage inszeniert.
Sie wurde jedoch bereits durch das Waldzuweisungspatent, die Forsteigentumspurifikation wie auch durch die Servituten-Ausgleichskommissionen beantwortet. Die Grundbuchanlegungs-Kommissionen haben die bestehenden „alten“ Eigentums- und Nutzungsrechte mit den Bezirksvertretern der Landwirtschaft überprüft und übernommen. Die betroffenen Berechtigten hatten die Möglichkeit, etwaige Fehlauffassungen zu beeinspruchen und eine Entscheidung beim OLG herbeizuführen. Zurecht erfolgte Einsprüche wurden im Grundbuch berücksichtigt. Die Grundbuchseintragungen sind Entscheidungen des Grundbuchgerichtes. Die vermeintliche Rechtsfrage wurde gerichtlich endgültig beantwortet. Bestehende Vergleiche wurden bestätigt.
Z.B. ist das Eigentumsrecht des Gemeindeteiles Gemeindefraktion Katstralgemeinde Zamserberg das Ergebnis des Vergleiches „Auf Grund des Vergleichsprotokolles der Waldservituten – Ausgleichskommission vom 27. Feber 1848, verf. am 12. März 1852, Fol. 1345“. Hier hat in einem Verfahren des k.k. Innenministeriums nicht eine Nutzergemeinschaft mit einer anderen Nutzergemeinschaft verhandelt, sondern es hat sich eine Gemeinde mit den Nutzern des Gemeindeeigentums gütlich geeinigt.
Die vermeintliche Rechtsfrage – agrarrechtlich oder gemeinderechtlich – wurde vor der Agrarbehörde bereits zwei Mal beantwortet. Die vordergründige Fragestellung ist absurd. Es ging nur darum, über das TFLG den Zugriff der Agrarbehörde auf das Gemeindevermögen zu ermöglichen.
Zum Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung war das Recht, Gemeindevermögen zu verändern, nur dem Landtag per Gesetz möglich. Spätestens seit der konkreten Anwendung der TFLG-Novelle 1952 reichte dafür die Agrarbehörde, die nur einen Antrag einer Mehrheit der Nutzungsberechtigten und den politischen Auftrag benötigte. Ein in sich geschlossener „agrarautoritärer“ Entscheidungskreis hat den Rechtsstaat ausgeschaltet.
Die Erfindung neuer Regeln
Das sich aus dem TFLG ergebende Recht Eigentum festzustellen, bedeutet nicht das Recht, Eigentum zu übertragen[14] und schon gar nicht die Befugnis, eine anstehende Rechtsfrage (wer ist Eigentümer von einer Regulierung unterzogener Liegenschaften) außerhalb bestehender Rechtsnormen entscheiden bzw. bindend beurteilen zu dürfen. Das TFLG bietet keine Regeln dafür und wie aus allen diesbezüglichen Entscheidungen des LAS und des VwGH erkennbar ist, wurden die bestehenden Rechtsnormen der Grundbuchsanlegung nicht in Betracht gezogen. Es genügt nicht, die bei den Grundbuchskörpern einverleibten Daten durch „Zuruf“[15] als unrichtig zu erklären; erst nach Beweis[16] des behaupteten Gegenteils durch vorgesehene Verwaltungsverfahren könnte eine Feststellung erfolgen. Kienberger präzisiert dies:
Kap. III, Das Gemeindegut als Gegenstand des Bodenreformrechtes Seite 21 FN 59
„ … Dass ein im bücherlichen Eigentum einer politischen Gemeinde stehender, mit Nutzungsrechten belasteter Komplex von Wald- und Weidegrundstücken in Wahrheit nicht im Eigentum dieser Gemeinde, sondern im Eigentum der Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten steht, kann somit die Ursache nicht darin haben, dass es nach den Vorschriften des Bodenreformrechtes Gemeindegut gibt, das im Eigentum der Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten steht. Es kann vielmehr nur die Folge davon sein, dass im Zuge der Grundbuchsanlegung eine politische Gemeinde zu Unrecht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde, weil wahre Eigentümerin eine agrarische Gemeinschaft war. Von dieser – vom VfGH im zuletzt zitierten Erk verkannten – Rechtslage hat auch der VwGH auszugehen. …“
Damit sagt er klar, dass die Anlegungsgesetze die Deutbarkeit der gesetzlichen Bezeichnungen von Gemeindeteilen als entweder gemeinderechtlich oder agrarrechtlich ausschließen. Einem intabulierten Eigentümer könnte nur zu Unrecht das Eigentum zugeordnet worden sein. Dies wäre nur durch Fehler bei der Grundbuchsanlegung denkmöglich. Die einverleibten Bezeichnungen sind immer eindeutig. Das Bodenreformrecht kann keine neuen Eigentumskategorien erfinden.
Erfindung ist daher, dass es nach den Vorschriften des Bodenreformrechtes Gemeindegut geben könnte, das im Eigentum der Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten steht.
Eine Erfindung ist es zu behaupten, dass das im Grundbuch einverleibte Eigentumsrecht durch die Bezeichnungen festgelegt sei.
Erfindung ist, dass es eine außerhalb der Grundbuchanlegungsgesetze liegende Kategorie von bäuerlichem Gemeinschaftseigentum gäbe.
Erfindung ist es, wie der LAS zu unterstellen, dass die zwingende Anführung der Einlagezahlen der berechtigten Höfe der „Einfachheit halber“ als Fraktion[17] bezeichnet werden könnte.
Erfindung ist es, zu sagen, dass die durch Kaufvertrag einer Gemeindefraktion zugeschriebenen Grundbuchskörper nicht Gemeindevermögen wären. Ausschließlich die Gemeinden waren zum Abschluss von Kaufverträgen berechtigt.
Erfindung ist es, wenn die Agrarbehörde in einem Bescheid[18] feststellt, dass unter dem Namen einer juristischen Person bereits bei Grundbuchsanlegung, gegen alle Anlegungsgesetze, eine „nicht regulierte Agrargemeinschaft“ zu verstehen gewesen sei.
Erfindung ist es, zu sagen, die Waldservituten-Ausgleichskommissionen hätte die Rechte von privaten „Miteigentumsgemeinschaften“ erhoben. Die Kommissionen unter Aufsicht des k.k. Innenministeriums haben in gütlichen Übereinkommen zwischen Gemeinden und Nutzungsberechtigten das erste Mal Gemeindegut und die darauf lastenden Rechte festgestellt und vereinbart.
Erfindung ist es, wenn, wie z.B. bei der Gemeindefraktion Katastralgemeinde Zamserberg [19] nach Instruktionsgesprächen eine „lit. b“ Feststellung erfolgt, ohne die zu Grunde liegenden gesetzliche Normen der Anlegungsgesetze in Betracht zu ziehen.
Als Erfindung sind alle (ca. 50) „lit. b“ Feststellungen[20] in Tirol anzusehen. Das TFLG bietet mit der Qualifikation „agrargemeinschaftlich“ dafür keine Rechtsgrundlage.
In allen diesen Fällen hat die Behörde nach dem TFLG nicht unbestreitbar entscheiden können. Daraus ist zu schließen, dass das Bodenreformrecht TFLG als materielle Grundlage für die Entscheidung von Eigentumsfragen an Liegenschaften nicht geeignet ist. Sie hat es nicht für notwendig erachtet, Grundbuch und Anlegungsgesetze zur Entscheidung heranzuziehen.
Eigentumsgemeinschaften im Grundbuch
GALG AV § 34 (1): „Zwischen den Nutzungsrechten am Gemeindegute und den Eigenthumsrechten ist sorgfältig zu unterscheiden.“
GALG AV § 34 (3): „Die hinsichtlich gewisser Liegenschaften (namentlich Alpen) von altersher bestehenden oder aus Anlaß der Grundlastenablösung begründeten Eigenthumsgemeinschaften (Classenvermögen) werden sich zumeist als Miteigenthumsverhälnis darstellen, worauf die Bestimmung des § 9 Abs. 3 G.A.L.G. Anwendung findet.“
Seit altersher bestehende bäuerliche Eigentumsgemeinschaften konnten ausschließlich als Miteigentum nach GALG § 9 (3) intabuliert werden. Die gleiche Bestimmung mit GALG § 24 (1) über die Bestandteile geschlossener Höfe und den Normen GALG AV § 34 (4) und (6) war für gemeinsames Eigentum anzuwenden. Nach diesen Gesetzesbestimmungen mussten die Einlagezahlen der berechtigten Höfe bei den betroffenen Grundbuchskörpern im Eigentums-Blatt einverleibt werden. Dies ist eine «conditio sine qua non» und ist keiner Lösung im Einzelfall zugänglich. Sie gilt generell, nicht nach politisch begründetem Bedarf der Behörde.
Die Nutzungsrechte waren gemäß § 24 (2) ebenfalls als Bestandteil geschlossener Höfe zu intabulieren. Die Anlegungsgesetze, insbesondere die grundsätzliche Unterscheidung von Eigentumsrechten und Nutzungsrechten, die klaren Normen für bäuerliches Miteigentum und bäuerliche Nutzungsrechte als Bestandteil geschlossener Höfe, sind nicht verhandelbar.
„Eigenthumsgemeinschaften“ sind eine (seit altersher) organisierte Form des „gemeinsamen Eigentums“ wie z.B. „Stalle oder Rogotz Alpgenossenschaft“ oder „Alpinteressentschaft Sillianberg“[21] und mussten im Grundbuch unter dem Namen der jeweiligen juristischen Person, mit dem Zusatz „bestehend aus …“ den berechtigten geschlossenen Höfen als Eigentümer angeführt werden. Sie unterscheiden sich vom gemeinsamen Eigentum mehrerer geschlossener Höfe an einer Liegenschaft. Gemeinsames Eigentum setzt nicht das Vorhandensein einer eigens zu bezeichnenden Eigentumsgemeinschaft voraus, jedoch sind Eigentumsgemeinschaften jedenfalls gemeinsames Eigentum. Für beides gilt die gleiche Intabulationsnorm mit der «conditio sine qua non» – der Anführung der geschlossenen Höfe. 2340 Einlagezahlen belegen die Rechtslage.
«Gemeinschaften von Nutzungsberechtigten im Sinne einer Agrargemeinschaft» sind in den Anlegungsgesetzen nicht definiert und daher zur Grundbuchanlegung nicht erhoben und einverleibt worden.
Die nach 1945 rechts- und verfassungswidrig entstandenen Agrargemeinschaften sind entsprechend den Miteigentums-Normen einverleibt worden. Im aktuellen Grundbuch stehen die Agrargemeinschaften als Eigentümer und die am Eigentum Anteilsberechtigten sind im Eigentumsblatt-Blatt angeführt. Es ist für die Ersichtlichkeit des Gemeinschaftseigentums ohne Bedeutung, dass die Nutzungsanteile den Eigentumsanteilen entsprechen.
«Gemeinschaften von Nutzungsberechtigten im Sinne einer Agrargemeinschaft» sind vor allem im Tiroler Oberland und im Außerfern bei verbleibendem, oft als bücherlich bezeichnetem, Eigentumsrecht der Gemeinden intabuliert worden. Die Unterscheidung zwischen angeführtem Anteil an den Nutzungsrechten oder Anteil am „bücherlichen“ Eigentum ist in diesen Fällen vielfach unklar.
Fazit: Es gibt im Grundbuch weder bei den seit „altersher“ bestehenden Gemeinschaften noch bei den rechts- und verfassungswidrig entstandenen Agrargemeinschaften Einverleibungen des Eigentumsrechtes ohne die Anführung der geschlossenen Höfe. Nur in den Feststellungsverfahren der Agrarbehörde und in den Erkenntnissen des VwGH wird „das gemeinsame Gut von Nutzungsberechtigten zB eines Ortsteiles (einer Fraktion)“ ohne die Anführung der geschlossenen Höfe, ohne die rechtliche «conditio sine qua non» für möglich gehalten. Das ist an den Beispielen gemessen inkonsistent und jedenfalls gesetzlos.
Der Verwaltungsgerichtshof beanstandete nicht die fehlenden Rechtsgrundlagen, sondern stützt sich auf sinnverfälschende Rechtsliteratur und schließt sich in Zl. 2013/07/0247 und Zl. 2013/07/249 unter Hinweis auf Zl. 2007/05/0231 mit seiner Rechtsansicht zum Verständnis des Begriffs «Fraktion» der von der Agrarbehörde erfundenen Auslegung an. Auch diese Beispiele belegen, dass die Rechtsansicht des VwGH verfehlt ist.
Einzelfall-Feststellungen statt Anwendung der gesetzlichen Regeln
Der VfGH hat die Übertragungen es Gemeindeeigentums an Agrargemeinschaften als rechts- und verfassungswidrig erkannt. Er verweist eindeutig darauf, dass der Stand des einverleibten Eigentums vor der Regulierung und Übertragung für das Vorliegen von Gemeindegut entscheidend ist. Dieser Stand ist nur im Grundbuch ersichtlich. Er hat zudem grundsätzlich erkannt, dass die Eigenschaft von Gemeindegut nicht verloren gehen kann und dass durch den Gesetzgeber die Rechte der Gemeinde zur Geltung gebracht werden müssen.
Der Landesgesetzgeber hat darauf nicht mit der Rückübertragung, dem einzig möglichen korrekten Schritt in dieser Lage, reagiert, sondern hat in einer komplex verklausulierten Novelle zum TFLG die Rechte der Gemeinden unzulänglich und überbürokratisiert zur Geltung gebracht. Durch diese Novelle besteht nun zum zweiten Mal die Möglichkeit, an die Agrarbehörde die erfundene Frage zu stellen, ob die Fraktion/der Gemeindeteil eine gemeinderechtliche oder eine agrarrechtliche Eigentumseinheit sei. Das TFLG selbst bietet zur Klärung keine eindeutigen Normen an, es müssen Zusatzinformationen erhoben werden.
Beim ersten Mal ging es in der Folge der gesetzlichen Abschaffung der Gemeindeteile darum, die Legitimation der Agrarbehörde vorzutäuschen, die Rechtsnachfolge der Gemeindeteile festzustellen bzw. zu ändern. Durch einen Antrag der Nutzungsberechtigten wurde die Behörde aufgefordert, das im Grundbuch bestehende Eigentumsrecht durch ein Regulierungsverfahren neu zu entscheiden. Als Begründung diente die Behauptung, dass Fraktionen immer schon agrarrechtliche und nicht gemeinderechtliche Eigentumseinheiten gewesen wären. Durch die Landesregierung und durch die Bauernvertretung wurden landesweit politische Instruktionsgespräche mit den Nutzungsberechtigten organisiert. Die danach gestellten Anträge[22] forderten die Agrarbehörde auf, Verwaltung und Eigentum auf die zu gründenden Agrargemeinschaften zu übertragen. Das Schein-Recht der Agrarbehörde, das Grundbuch abändern zu dürfen, wurde erfunden. Der VfGH hat dies, wie bekannt, zurückgewiesen. Alle Regulierungen mit Eigentumsübertragung wurden als rechts- und verfassungswidrig festgestellt.
Im zweiten Versuch eröffnete nun der Landesgesetzgeber mit der TFLG-Novelle die Möglichkeit für Nutzungsberechtigte und Gemeinden die Eigentumsfrage abermals zu stellen. Nämlich, dass die im Grundbuch einverleibten Bezeichnungen der Eigentümer generell das Kriterium für die Zuordnung des Eigentums sind und dass sie agrarrechtlich als „Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten“ oder gemeinderechtlich als Fraktionen, Gemeindeteile, interpretiert werden könnten. Die Auslegung der Bezeichnungen sollte nach Einholung von Zusatzinformationen im Einzelfall entschieden werden. Das Grundbuch wurde wieder ausgeblendet, gerade so, als ob es die Anlegungsgesetze und die Eigentumsentscheidungen der Justiz nicht gegeben hätte.
Das ist durch die Befugnis im TFLG, auf der Grundlage der bestehenden Gesetze in einzelnen Verfahren Eigentumsrechte festzustellen, nicht gedeckt. Feststellungen sind ausschließlich beschreibend und nicht rechtsgestaltend zu verstehen. Damit ist nicht das Recht verbunden, bestehende gesetzliche Intabulationsnormen in Frage zu stellen bzw. neue Regeln für die Einverleibung des Eigentumsrechtes im Grundbuch zu erfinden. Ebenso wenig konnte dies als Recht zur agrarbehördlichen Übertragung des Eigentums verstanden werden. Die Bestimmungen von Grundbuch und Anlegungsgesetzen müssen von der Agrarbehörde generell und ohne Ausnahme zur Geltung gebracht werden. Die Notwendigkeit von Zusatzinformationen zum TFLG kann die zwingende Anwendung vorhandener gesetzlicher Regeln nicht ersetzen. Die exakten Normen des GALG AV § 34 (4) und (6) lassen keine Einzelfall-Entscheidungen zu.
Es kann kein Gesetz, auch nicht das TFLG, geben, das diesen Grundsatz durchlöchert. Die ausführende Behörde hat im ersten Durchgang rechts- und verfassungswidrig Eigentum entzogen und soll nun in einem zweiten Durchgang, quasi als vermeintliche Berufungsinstanz, ihre eigenen Fehlentscheidungen als Einzelfall beurteilen. Dies widerspricht grob dem Verfassungsprinzip der Gewaltentrennung.
Der VwGH beanstandete in den oben angeführten Erkenntnissen die Vorgangsweise der Behörde nicht und hält die Erfindungen, Interpretationen und Vermutungen als Grundlage der Behördentätigkeit für möglich. Der Verfassungsrichter Kienberger verneint dies vehement.
7. Kapitel: Die Irrtümer des VwGH
Die Qualifikation von Grundstücken nach Tir FlVfLG 1952 ist die Entscheidungsgrundlage des VwGH. Er[23] gliedert gemeinschaftlich genutztes Gut in zwei Varianten: „Das einer Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten eigentümliche gemeinsame Gut“ bzw. in „Gemeindegut“. Er legt die Wortfolge „Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten“ so aus, dass Fraktionen/Gemeindeteile, politische Verwaltungseinheiten nach Fraktionen Gesetz 1893, seit jeher alternativ auch als Eigentümer-Nutzer-Gemeinschaften angesehen werden könnten. Mehrfache Gegenbeweise führen die grundsätzliche Möglichkeit dieser Alternativen ad absurdum.
Ein „Muster“-Erkenntnis mit angefügter Analyse:
VwGH Geschäftszahl 2013/07/0247, Begründung
[…] In der vorliegenden Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des § 33a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme. So steht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs das Verständnis des Begriffs «Fraktion» (entweder als Teil einer politischen Gemeinde oder als Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten im Sinne einer Agrargemeinschaft) im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung nicht generell fest, sondern ist einer Lösung im Einzelfall zugänglich (vgl. dazu neben der Rechtsprechung der Höchstgerichte, die diesen Begriff bereits sachverhaltsbezogen unterschiedlich interpretierten – siehe unter vielen die hg. Erkenntnisse vom 13. Oktober 2011, 2010/07/0163, zum einen und vom 30. Juni 2011, 2010/07/0230, zum anderen, auch die in Lang, Tiroler Agrarrecht II, s. 30, 152 und 177, getroffenen Aussagen). Die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde erweist sich aber vor dem Hintergrund des Prüfungskalküls des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 21. Dezember 2010, 2007/05/0231, und vom 20. November 2014, 2011/07/0244, ua) als nicht zu beanstanden […]
„Verständnis des Begriffs «Fraktion»“
Das Verständnis von „Umschreibungen und Meinungen“ der Agrarbehörde[24] unterstellt, dass die Einverleibung der Eigentümer an Bezeichnungen gebunden gewesen wäre. Das ist unrichtig. Es mussten gesetzliche Bezeichnungen nach gerichtlichem Wortlaut verwendet werden. Doppeldeutigkeit oder alternatives Begriffsverständnis ist daher nicht möglich. Die Regeln (Vollzugsvorschriften) wurden von den zuständigen Ministerien verfasst.
„Teil einer politischen Gemeinde oder als Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten im Sinne einer Agrargemeinschaft“
Gemeinschaften von Nutzungsberechtigten wurden bei der Grundbuchsanlegung nicht erhoben. Sie gibt es im strengen Wortsinn erst seit den rechts- und verfassungswidrigen Eigentumsübertragungen. Für Eigentum von Gemeinden/Gemeindeteilen mussten die gesetzlichen Bezeichnungen einverleibt werden, wogegen privates Gemeinschaftseigentum ausschließlich als Miteigentum geschlossener Höfe intabuliert wurde.
„im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung“
„So steht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs das Verständnis des Begriffs «Fraktion» … im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung nicht generell fest“ ist nur insofern richtig, dass in den Anlegungsgesetzen keine Definitionen einzelner Bezeichnungen vorgesehen waren. Es gilt ausschließlich als allgemeine Festlegung die Vollzugsvorschrift zum aGG mit den gesetzlichen Bezeichnungen nach gerichtlichem Wortlaut. Was nicht existiert, kann auch nicht generell oder sonst irgendwie feststehen.
„nicht generell“
Die Normen für die Einverleibung der Eigentümer gelten, wie alle Regelungen der Vollzugsvorschriften, generell für alle erhobenen Grundbuchskörper.
„einer Lösung im Einzelfall zugänglich“
Generell geltende Vollzugsvorschriften können keine Einzelfalllösungen zulassen.
„… auch die in Lang, Tiroler Agrarrecht II, s. 30, 152 und 177, getroffenen Aussagen“
Die als wissenschaftliche Unterstützung zitierte Rechtsliteratur ist eine von der Tiroler Agrarverwaltung beabsichtigte Täuschung. Das Buch Agrarrecht II von Doz. Dr. E. Lang beinhaltet verkürzende, grundlegend sinnverändernde Ausführungen zu AVO § 34 (4) und (6). Er verschweigt in den Zitaten die bei Einverleibung von privatem Eigentum zwingende Anführung der Einlagezahlen der berechtigten geschlossenen Höfe, er verschweigt – siehe oben – die conditio sine qua non ! Durch diese Verkürzung ist es möglich, die grundbücherliche Zuordnung von Eigentum beliebig zu deuten. Siehe die nachfolgenden zwei Beispiele. Lang‘s Tiroler Agrarrecht II ist als rechtswissenschaftliche Begründung jeglicher Gerichtsentscheidungen nicht geeignet.
„Beweiswürdigung der belangten Behörde erweist sich aber … als nicht zu beanstanden“
Die Agrarbehörde stützt sich in keinem Verfahren auf die Grundbuch-Anlegungsgesetze, sondern nur auf die eigenen Rechtserfindungen über die Mehrdeutigkeit von Bezeichnungen. Der VwGH bezieht seine Ansicht auf mögliche Definitionen zum Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung zwangsläufig auch auf das Grundbuch und die Anlegungsgesetze und verhält sich darüber hinaus rechtswidrig. Einerseits hätte er die Weigerung der Behörde, die Gesetze in ihre Erwägungen einzubeziehen, beanstanden müssen, andrerseits kann er selbst nicht, anstatt die originalen Gesetzestexte zu zitieren, auf jene Rechtsliteratur verweisen, die die verwendeten Rechtserfindungen als „wissenschaftlich“ begründet. Die Ansicht des VwGH ist in mehrfacher Hinsicht verfehlt.
Musterbeispiele der Einverleibung des Eigentums
Die TGO-Novelle 1910 führte vorwiegend in Osttirol, unabhängig von der Grundbuchsanlegung, zu zahllosen Eigentumsübertragungen von Teilwaldeigentum nicht nur an einzelne Nutzungsberechtigte, sondern auch an Eigentumsgemeinschaften und Gemeindeteile. Die Eigentumstitel waren die von den Gemeinden ausgestellten Anerkennungsurkunden. Diese wurden nach Genehmigung durch den Landesausschuss auf Antrag der Gemeinden noch teilweise verfacht bzw. von den Grundbuchsgerichten intabuliert. Ausgeführt wurde dieser Vorgänge von einem Notar. Die zeitnah tätigen Grundbuchanlegungskommissionen waren nachweisbar eingebunden. Das sichtbare gemeinsame Kennzeichen ist, dass die Intabulationsnormen beispielhaft eingehalten wurden. Eigentumsgemeinschaften konnten nur als Miteigentum nach GALG § 34 (4) oder (6) mit der zwingenden Anführung der Einlagezahlen der berechtigten geschlossenen Höfe einverleibt werden. Hier die Transskriptionen der oben abgebildeten Faksimiles von zwei Miteigentumsgemeinschaften nach GALG § 34 (6) und eines Grundbuchkörpers im Eigentum einer Fraktion/Gemeinde:
Privates, gemeinschaftliches Miteigentum[25]:
„Auf Grund der Anerkennungsurkunde vom 3. Oktober 1911 wird das Eigentumsrecht für die
Nachbarschaft Geselhaus
bestehend aus den folgenden Gütern dieses Hauptbuches als: Wegscheider Einl. Zl. 11 röm. I , etc … bis) einverleibt.“
wie auch das weitere Beispiel zeigt:
Auf Grund Ersitzung und der Anerkennungsurkunde vom 26. Februar verfacht am 3. Mai 1911 fol. 432 wird das Eigentumsrecht für die
Nachbarschaft Winkl,
agrarische Gemeinschaft der Gemeinde Kartitsch, bestehend aus den jeweiligen Eigentümern der folgenden Grundbuchskörper, als: Mattler EinlZ 61 röm. I … etc … bis einverleibt“
Sie sind nicht über die Bezeichnungen der juristischen Person der Eigentumsgemeinschaften definiert, diese waren als „z.B.-Bestimmung“ frei wählbar, auch der gesetzwidrige Zusatz „agrarische Gemeinschaft“ ist bedeutungslos, sondern ausschließlich durch die Anführung der Einlagezahlen der geschlossenen Höfe, die die einverleibten Eigentümer sind.
Gemeindeeigentum[26]:
„Auf Grund der Anerkennungsurkunde vom 1. Mai 1911 nebst Nachtrag vom 7. Juni1911 wird das Eigentumsrecht für
die Fraktion Geselhaus der Gemeinde Abfaltersbach einverleibt.“
Die Bezeichnung des Eigentümers entspricht der amtlichen Bezeichnung im gerichtlichen Wortlaut.
Wird in den ersten beiden Beispielen die conditio sine qua non „bestehend aus den folgenden Gütern dieses Grundbuches als: … a) bis h)“ weggelassen, dann sind die Bezeichnungen des Eigentümers nach den erfundenen Regeln der Agrarbehörde, die der VwGH als nicht zu beanstanden bezeichnet, interpretierbar.
Das ist der Kernpunkt der Sinnverfälschung nach Lang!
Es gibt keinerlei Begriffsdefinitionen für Gemeinden bzw. Gemeindeteile. Jedoch sind Bezeichnungen von Rechten, Personen und Objecten grundlegend nach aGG 1871 und Vollzugsvorschrift an die gesetzlichen Bezeichnungen nach gerichtlichem Wortlaut gebunden. Gerichtlich belegbare Mehrdeutigkeit von Gemeinde/Fraktions-Bezeichnungen kann ausgeschlossen werden. Fehlen die Einlagezahlen nach § 34 (4) oder (6), dann kann kein privates Miteigentum vorliegen.
Nutzungsrechte auf dem Eigentum Dritter sind Bestandteile einzelner geschlossener Höfe. Auf die einverleibten Nutzungsrechte wird in keinem der Verfahren eingegangen, obwohl sie ebenso aussagekräftig für das Vorliegen der obigen Alternativen sind. Es ist auszuschließen, dass für einen (!) Grundbuchskörper unter gleichem Namen (!) Eigentumsrecht und Nutzungsrecht eingetragen worden sind. Die Erhebung und Einverleibung einer „Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten“ war in den Anlegungsgesetzen nicht vorgesehen und ist daher nicht ersichtlich[27].
Die einzige rechts- und verfassungskonforme Quelle für Daten zu Grund und Boden und der damit verbundenen Rechte ist das Grundbuch mit den Normen der Anlegungsgesetze für die Einverleibung. Aus höchsten Kreisen der Tiroler Justiz sind nicht zufällig Zweifel an der Grundbuchsanlegung und Verständnis für die gesetzlose Vorgangsweise der Agrarbehörde veröffentlicht worden. Der ehemalige Leiter der Oberstaatsanwaltschaft in Innsbruck Dr. Eckart Rainer schrieb in einer Tageszeitung den Brief an Tirol: >>Geld her ist ein verfrühter Ruf. Seine private Interessenslage ist durch die Mitgliedschaft bei einer Agrargemeinschaft gekennzeichnet. Er hat dem Bild der Objektivität der Justiz keinen guten Dienst erwiesen.
Siehe auch das Buch „Die Täuschung Tirols“ von Ulrich Stern, Seite 116 ff und >>Buchbesprechung Arnold und >>Ausgerechnet Lang.
Grundsätzliches
Notabene, die Erfindung verstößt gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung, einem Baustein der Verfassung. Eine Veränderung des Verfassungsprinzips der Gewaltentrennung bedürfte einer österreichweiten Volksabstimmung! Es darf einem ausführenden Organ, einer weisungsgebundenen Behörde, nicht möglich sein, vorbei an den Entscheidungen der unabhängigen Justiz zur Grundbuchsanlegung, vorbei an den Normen zur Grundbuchsanlegung und vorbei am geltenden Grundbuch, „ihr eigenes Recht“ zu erfinden und anzuwenden. Eine derartige Kompetenz der Agrarbehörde ist in keinem Gesetz festgeschrieben und „nur ein biss’l verfassungswidrig“ gibt es nicht. Es ist die Aufgabe des VwGH, solche „Versuche“ und behördliche Irrwege bereits in der Entstehung, in den einzelnen Beschwerde-Verfahren zu Agrarbehörden-Entscheidungen zu unterbinden. Die Grundsätze des Rechtsstaates sind ohne „wenn und aber“ einzuhalten.
[1] Vielfach wurde bis in die jüngste Zeit behauptet, dass die Gemeinden nicht in der Lage gewesen wären, das Gemeindegut sachgerecht zu verwalten. Siehe dazu auch >>Obermieming Geburtstag
[2] >>Anlegungsgesetze, GALG AVO § 34 (4) und (6)
[3] >>Anlegungsgesetze aGG VV § 9
[4] Ausgenommen die Texterweiterungen in Kartitsch, Innervillgraten und Ausßervillgraten.
[5] Im Buch „Die Täuschung Tirols“ von Ulrich Stern, erschienen im Ariadne Verlag, sind die einzelnen Abwertungsversuche detailliert dargestellt und analysiert. Ab Seite 107 Kap. „Die Abwertung des Grundbuchanlegungsverfahrens“
[6] VfGH VfSlg 9336/1982
[7] Kienberger, Das Gemeindegut als Verfassungsproblem, Lexis Nexis, Kapitel IV, Seite 29, „… hat die Agrarbehörde- darauf läuft ihre Vorgangsweise im Ergebnis hinaus – generell die Unrichtigkeit der Grundbuchseintragungen unterstellt …“ mit FN 75
[8] Siehe oben bzw. Kienberger, Seite 22
[9] Siehe Beitrag >>Gedingstatt
[10] VwGH Erkenntnis 2011/07/0129 Stammrechtssatz, siehe oben
[11] Siehe „Die Täuschung Tirols“, Ariadne Verlag, die sinnändernde Verkürzung der Gesetzestexte ist detailliert dargestellt und analysiert. Ab Seite 116 Kap. „Univ. Doz. Dr. Eberhard W. Lang“
[12] Agrarrecht II, E.W. Lang, 1991 bei der Universitäts-Verlagsbuchhandlung Wilhelm Braumüller
[13] >> Vortrag Vogl, Vortrag Mair, Buch Lang etc.
[14] Kienberger, Das Gemeindegut als Verfassungsproblem, Lexis Nexis, Kapitel IV, Seite 25
[15] Instruierungsverhandlung vom 1. Juli 1948 mit Präsenzliste
[16] Siehe Zitat Kienberger oben
[18] Siehe Beitrag >>Gedingstatt
[20] Sölden-Vent, Heinfels-Panzendorf, Weer u.a.m.
[21] Siehe Beispielblätter Grundbuch – B-Blatt – Musterseiten – Mieming Transparent
[22] Siehe Mieming 75 Jahre Agrargemeinschaft Obermieming – Mieming Transparent
[23] Siehe Beitrag >>Gedingstatt
[24] Siehe die VwGH-Erkenntnisse oben
[25] >>Anlegungsgesetze, GALG AVO § 34 (4) und (6)
[26] >>Anlegungsgesetze, aGG VV § 9
[27] Ausgenommen die Texterweiterungen in Kartitsch, Innervillgraten und Ausßervillgraten.


